Freytags-Frage

Wie sieht die EU der Zukunft aus?

Jean-Claude Juncker hat große Pläne für die EU: Mehr Mitgliedsstaaten, ein größerer Euroraum, ein EU-Präsident. So will Juncker Europas Zukunft sichern – und schafft genau das Gegenteil.

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Die letzten EU-Staaten ohne Euro
Schweden hat sich vertraglich verpflichtet, den Euro einzuführen. Quelle: AP
Tschechien ist bereit für den Euro – rein wirtschaftlich Quelle: Fotolia
Auch Dänemark hat das Recht, sich gegen die Euro-Einführung zu sperren. Quelle: dpa Picture-Alliance
Die Briten haben das vertraglich zugesicherte Recht, das Pfund zu behalten, auch wenn sie für den Euro qualifiziert wären. Quelle: dpa
Rumänien ist seit 2007 EU-Mitglied und beabsichtigt, den Euro einzuführen Quelle: dpa
Auch für Kroatien ist der Abschied von der Landeswährung Kuna kein Thema Quelle: dpa
In Bulgarien ist der Euro derzeit kein Thema Quelle: dpa

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hielt am Mittwoch eine engagierte und kontroverse Rede zum Zustand der Europäischen Union. Auf "Spiegel Online" stand der Artikel darüber für kurze Zeit direkt über einem Beitrag zum Brexit mit der Überschrift „EU fürchtet britischen Realitätsverlust“. Eine bizarre Situation, schließlich wies die Rede von Herrn Juncker ebenfalls einen erheblichen Mangel an Realitätssinn auf – zumindest in geldpolitscher Hinsicht.

Juncker hat nichts weniger als eine baldige Ausweitung der Eurozone auf alle Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU) im Visier. Außerdem plant er eine Vertiefung der Integration in der EU mit Blick auf den Schengen-Raum. Kritisch sieht er lediglich einen eigenen EU-Haushalt – immerhin.

Seine Begründung für den neuerlichen Druck zur tieferen Integration scheint in der guten wirtschaftlichen Lage in Europa zu liegen. Man kann aber durchaus Zweifel daran haben, ob diese Lage wirklich nachhaltig ist. Dazu kommt eine nach wie vor recht hohe Arbeitslosigkeit in einigen Mitgliedsländern, deren Reformagenda weiterhin eine Herausforderung ist. Gleichzeitig gibt es Befindlichkeiten zahlreicher Mitgliedsländer, die im britischen Fall dramatische Konsequenzen haben. Offenbar sieht Herr Juncker aber keine weiteren Anzeichen von Europamüdigkeit in den Mitgliedsländern.

Auch wenn die Einführung des Euros dem Regelwerk entsprechend für alle Mitglieder Pflicht ist, wirkt die Eurozone prinzipiell und ganz besonders gegenwärtig nicht gerade attraktiv. Denn nur naive Optimisten können annehmen, dass die Europäische Währungsunion (EWU) die seit acht Jahren schwelenden Krise überwunden hat.

EZB pumpt eine Blase auf

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) pumpt gerade mit denselben Maßnahmen, die zur Krise beigetragen haben, die nächste Blase auf – und erleichtert es den Regierungen nebenbei, Reformen vor sich her zu schieben. Hinzu kommt die Benachteiligung der Sparer und damit der Gefährdung der Alterssicherung breiter Bevölkerungskriese in Europa.

Darüber hinaus ist es grundsätzlich sehr schwierig, Geldpolitik für viele sehr unterschiedliche Länder zu betreiben. Schon jetzt bestehen die Hauptprobleme der Eurozone in den sehr unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Konzepten der Mitglieder sowie in ihrer ungleichen Entwicklung. Nun sollen also unter anderem Bulgarien und Rumänien dazu stoßen.

Es ehrt den Kommissionspräsidenten, sich vehement für die weitere EU-Integration einzusetzen. Es ehrt ihn ebenfalls, sich trotz der oft verfehlten Kritik an Europa stark zu machen für eine zeitgleiche Erweiterung der EWU und die Vertiefung der Europäischen Union (EU). Seine Liebe zu Europa nimmt man ihm sofort ab.

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