
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist nicht gerade für perfektes Englisch bekannt. Ihm tue jeder leid, der seine Aussprache ertragen muss, scherzt der Badener gerne. Aber mit einem englischen Begriff steht Schäuble besonders auf Kriegsfuß, er lautet: „Double Irish with Dutch sandwich“.
Eine Spezialität von der Grünen Insel, ja. Aber nichts Kulinarisches, sondern eine Gesellschaftsstruktur zum Steuersparen in großem Stil. Dabei schleust etwa ein US-Konzern seine europäischen Lizenzeinnahmen durch Irland und macht einen Abstecher in die Niederlande, um die – ohnehin geringe – irische Unternehmenssteuer auch noch zu umgehen.





Kein Wunder, dass sich Steuerfuchs Schäuble furchtbar über solche Gestaltungsmodelle ärgert, mit denen Google, Apple, Amazon und Co. – durchaus legal – auch in Deutschland kräftig sparen. Und wenn der Badener sauer ist, hat das oft Folgen. In diesem Fall beschlossen die Chefs der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) vor allem auf deutsches Drängen 2012, bei der OECD eine Arbeitsgruppe gegen aggressive Steuersparmodelle („Base Erosion and Profit Shifting“ – Beps) einzurichten. Die Ergebnisse wollen Schäuble und seine G20-Kollegen am 8. Oktober in der peruanischen Hauptstadt Lima verkünden.
Schluss mit hybriden Geschäften
Speziell die digitale Wirtschaft soll nach dem Willen der Minister mehr zahlen. Denn mit immateriellen Gütern können Unternehmen leicht über Grenzen hinweg Geschäfte machen und die Gewinne mittels Lizenzverträgen verschieben, vorzugsweise natürlich in Länder mit niedrigen Steuern.
Auch soll Schluss sein mit sogenannten „hybriden“ Geschäften. Diese haben nichts mit sauberen Antriebssystemen zu tun, vielmehr geht es hier um ausgeklügelte Finanzkonstruktionen. Darin zahlt etwa eine Tochtergesellschaft in einem Land eine Dividende, die sie dort als Betriebsausgabe absetzen kann, während der Mutterkonzern diese in einem anderen Land steuerfrei kassiert.
Das Lösungswort der Finanzminister für ihre Beps-Probleme lautet: Transparenz. Unternehmen sollen künftig offenlegen, in welchem Land sie Geschäfte und Gewinne machen und wie viel Steuern sie zahlen („Country-by-Country-Reporting“). So könnte etwa Versandhändler Amazon, der in Deutschland Waren für Milliarden Euro verkauft, nicht länger seine Gewinne zum großen Teil ins Steuerparadies Luxemburg umlenken.
Doch gerade für Deutschland könnte „der Schuss nach hinten losgehen“, befürchtet Berthold Welling vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Der Steuerexperte sieht zwei Beps-Gefahren. Zum einen würde Deutschland Steuereinnahmen verlieren, wenn Schwellenländer demnächst mehr Wertschöpfung für sich reklamierten. Tatsächlich ärgern sich China oder Indien, dass deutsche Unternehmen auf ihren Märkten kräftig verkaufen, dort aber vergleichsweise wenig Steuern zahlen. Zum anderen warnt Welling, interne Betriebs- und Steuerdaten könnten öffentlich werden.