"Frankreich, Deutschland und Italien können die Schweiz zur Aufgabe ihres Bankgeheimnisses zwingen, wenn sie gemeinsam Einfuhrzölle von 30 Prozent auf Waren erheben, die sie aus der Eidgenossenschaft importieren", schreibt Zucman. Der Grund: Die Kosten würden die Einnahmen übersteigen, die Schweizer Banken aus der Steuerflucht erzielen. Der Ausschluss der Schweiz vom Europäischen Binnenmarkt ist keine abwegige Idee. Nach dem die Schweizer per Volksentscheid die Personenfreizügigkeit massiv einschränken wollen, ist das Verhältnis angespannt. Nicht wenige Parlamentarier in Brüssel fordern, die Rechte der Schweiz im Handel mit Europa einzuschränken – sollte die Schweiz nicht einlenken.
Es wäre durchaus sinnvoll, in den Gesprächen mit der Regierung in Bern die Steuerfrage erneut auf die Tagesordnung zu heben und auch dort, eine wirksame Lösung einzufordern. Denn es kann nicht sein, dass "die Schweiz (…) nur das vom Buffet Europa [nimmt], was ihr schmeckt", wie FDP-Chef Christian Lindner nach dem Migrationsvotum richtig feststellte. Die Drohung Zucmans, die Schweiz den Handel mit Europa zu erschweren, erscheint demnach sympathisch und nicht ausgeschlossen.
Welche Strafen Steuertricksern drohen
Hier wird in der Regel eine Geldstrafe verhängt, die in etwa einem Jahresnettoeinkommen des Steuerpflichtigen entspricht.
Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln die Geldstrafe nach so genannten Tagessätzen. Der Geldbetrag für einen Tagessatz soll dem Tagesnettoeinkommen entsprechen.
Hat jemand ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto und Abzüge von 20.000 Euro für Steuern, Versicherungen und ähnlichem, so wäre der Tagessatz 82 Euro (gerechnet: 30.000:365).
Bei einer Hinterziehung von 10.000 Euro werden in der Regel 365 Tagessätze verhängt. Das bedeutet im Beispielsfall 365x82 = 29.930 Euro. Die Geldstrafe läge also bei rund 30.000 Euro.
Bei hohen Einkommen kann laut Experten die Strafe durchaus höher als die hinterzogene Steuer sein. Schließlich soll sich Steuerhinterziehung ja nicht lohnen.
Bei 20.000 Euro kommt man zu rund 440 Tagessätzen. Die Strafe läge im Beispielsfall dann 36.080 Euro.
Es ist bekannt, dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng bestraft wird. Eine interne Tabelle weist dies nach. Insofern gelten die hier genannten Strafrahmen nicht absolut, sondern sind lediglich Faustregeln.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. 1 StR 525/11) ist die Chance, auch bei schweren Steuervergehen um eine Haftstrafe herumzukommen, deutlich gesunken. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Augsburg kassiert, das einen Unternehmer wegen 1,1 Millionen Euro hinterzogener Steuern nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Dieses Strafmaß sei zu gering, entschied der BGH. Das Urteil liegt im Trend, glaubt Martin Wulf von der auf Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm: „In der Tendenz ziehen die Sanktionen an“, sagt der Jurist.
Anders verhält es sich mit Luxemburg, dem Gründungsmitglied der Europäischen Union bzw. deren Vorgänger, der Europäischen Gemeinschaften. Dem Land kann der Zugang zum Binnenmarkt nicht verwehrt werden. Zucmans Lösung: Der Rauswurf aus der EU.
"Bei Zwergstaaten (wie Luxemburg), die von Schattenfinanzen leben, müsste man weiter gehen, und zwar bis hin zu Maßnahmen, die einem Finanzembargo gleichkämen – und vielleicht bis zum Ausschluss aus der Europäischen Union", schreibt der Franzose in seinem Buch. Die Steueroasen mögen zwar Finanzriesen sein, aber ökonomisch und politisch seien sie Zwerge und massiv vom Handel abhängig. Das sei ihre Schwachstelle. "Dort muss der Zwang ansetzen."
Dieser Kampf lasse sich nicht nur auf europäische Ebene führen, sondern könnte auch weltweit Erfolg haben, so Zucman. Würde man die USA mit ins Boot holen (und Großbritannien), könne man auch Hongkong, die Bahamas und die Cayman Islands zum Einlenken zwingen. Bei letztere läge ein angemessener Strafzoll bei 100 Prozent.
Zehn goldene Regeln für die Selbstanzeige
Die Selbstanzeige ist nur strafbefreiend, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist. Daher ist Eile geboten.
Quelle: BRANDI Rechtsanwälte
Stand: Oktober 2017
Ist die Tat schon entdeckt, wirkt selbst eine unwirksame Selbstanzeige strafmildernd wie ein Geständnis. Es ist also nie zu spät für die Offenlegung.
Nur wer in vollem Umfang die Steuererklärungen einer Steuerart der letzten zehn Kalenderjahre korrigiert, bleibt straffrei. „Vergessene“ Sachverhalte gefährden die Wirksamkeit der Selbstanzeige.
Mit Abgabe der Selbstanzeige müssen sämtliche hinterzogenen Steuern samt Zinsen und gegebenenfalls Strafzuschlag bezahlt werden. Wer nicht zahlen kann, sollte Alternativen erörtern.
Eine Selbstanzeige erfordert strafrechtliche und steuerrechtliche Erfahrung. Ziehen Sie auf jeden Fall Berater hinzu. Die Tücke steckt im Detail.
Weihen Sie ihren Steuerberater nie in etwaige Steuerhinterziehung ein. Sollte keine Selbstanzeige abgegeben werden können, macht er sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig, wenn er weiterhin ihre Steuererklärungen bearbeitet, ohne die Hinterziehung offenzulegen.
Eine Selbstanzeige ist meist erst der Anfang. Ohne intensive Verhandlungen mit dem Finanzamt und gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren läuft die Selbstanzeige nur selten ab.
Es sollte genau geprüft werden, ob durch die Selbstanzeige Außenstehende oder etwa Familienangehörige belastet werden. In einem solchen Fall ist ein koordiniertes Vorgehen bis hin zur gleichzeitigen Abgabe der Selbstanzeige ratsam.
Beamten – auch verbeamteten Lehrern – und Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie Berufsträgern wie Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern droht bei einer Selbstanzeige ein disziplinarrechtliches oder berufsrechtliches Verfahren. Dies kann bis hin zum Verlust von Pensionsansprüchen führen.
Die Finanzverwaltung ist verpflichtet, Kenntnisse über Straftaten wie Korruption oder Geldwäsche an andere Behörden weiterzuleiten. So kann eine Selbstanzeige weiterte Ermittlungen und Anklagen auslösen, selbst wenn die Steuerhinterziehung straffrei bleibt.
Dass es soweit nicht kommen wird, weiß auch Zucman. Zu radikal ist sein Ansatz, zu zerstritten die Weltgemeinschaft, um gemeinsam gegen die Steueroasen vorzugehen. Nicht mal Europa spricht ja mit einer Sprache. Dass mit Jean-Claude Juncker ein Mann zum EU-Kommissionspräsident gewählt werden soll, der fast zwei Jahrzehnte die Regierung Luxemburg anführte und im Europawahlkampf alle Angriffe auf das Luxemburger Bankwesen abblockte, sei für ihn eine "große Enttäuschung", sagt Zucman. Junckers Bilanz sei "erschreckend". Seine Ernennung sei keine gute Nachricht für all diejenigen, die auf Steuergerechtigkeit hoffen.
Auch wenn sein Buch "Steueroasen – Wo der Wohlstand der Nationen versteckt wird" wenig verändern wird, lesenswert ist es allemal. Weil es zeigt, wie groß der finanzielle Schaden durch Steuerbetrug ist und dass die Gerechtigkeitsdebatte noch lange nicht beendet ist.
Man spürt, wie sauer Zucman über die Steuerflucht der Reichen ist. "Mit höflichen Floskel kommen wir nicht weiter", unterstreicht er gegenüber WirtschaftsWoche Online. Nur Druck helfe. Seine Ansätze sind provokant und radikal – und dürften deshalb bei den Verlierern durch die Schuldenkrise in Frankreich, Italien oder Spanien, die nicht weniger aufgewühlt sind als Zucman, für Aufsehen sorgen.