




5,15 Billionen Euro, zweifellos ein imponierender Betrag. So hoch war, wie zuletzt berichtet, das Geldvermögen der Deutschen Ende 2013. Überwiegend angelegt auf Konten aller Art, in Wertpapieren und Ansprüchen gegen Versicherer – womit sich die Frage aufdrängt: Sind die Deutschen verrückt geworden? Verrückt, weil sie ihr Geld vor allem in solche Anlagen stecken, die nach Abzug der aktuell bei 0,7 Prozent liegenden Euroraum-Inflationsrate bestenfalls eine Mini-Realverzinsung abwerfen.
Fairerweise sei gesagt, dass die Deutschen einen nicht minder imponierenden Betrag in Immobilien investiert haben, der nach deren Anstieg in den vergangenen Jahren deutlich über 5 Billionen Euro liegen dürfte. Abgerundet wird das Ganze durch den besonders erfolgreichen deutschen Mittelstand und seine unternehmerischen Beteiligungen – außer Aktien, die zum Geldvermögen gehören -, durch Kunstwerke, Hobbyanlagen wie Oldtimer oder Silberschalen, nicht zu vergessen Gold von unbekannter Höhe, gelagert im heimischen Safe oder in einem der beliebten Schweizer Zollfreilager.
Abartig, geistlos und manchmal dreist
Toll, diese reichen Deutschen, könnte man da ausrufen. Wirklich? Was jetzt folgt, ist keine Miesmacherei, sondern das Ergebnis von Beobachtungen, die wir alle täglich anstellen können - und aus denen wir rechtzeitig die Konsequenzen ziehen sollten. Ein Beispiel: die kalte Progression, das ist der Sprung in einen Steuersatz, der Gehaltssprünge im unteren Mittelstand netto weitgehend zunichte macht.
Geradezu abartig ist die darüber geführte Diskussion, denn sie dreht sich bereits um die Gegenfinanzierung für den Fall, dass die kalte Progression bereinigt oder ganz abgeschafft würde – was ganz und gar nicht sicher ist. Dabei kommen dann so geistlose Vorschläge heraus wie die Aufweichung der Euro-Stabilitätskriterien, ein Sonderzuschlag für Bildung, die Abschaffung der Absetzbarkeit von Handwerksleistungen, eine EU-weite Maut, eine Sonderabgabe für den Straßenbau, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die Erhöhung der Abgeltungsteuer.
Super-Mario, der Europa-Kanzler





Politiker mit Profilneurose diskutieren also über die Gegenfinanzierung von etwas, was es noch gar nicht gibt, um die Deutschen höher zu besteuern. Greifen wir die Abgeltungsteuer heraus, von der dank eines Pakts der Finanzwirtschaft mit dem Bundeszentralamt für Steuern vom kommenden Jahr an sogar die Kirchen mehr profitieren sollen. Da haben zum Beispiel Anleger mit ihrem versteuerten Geld Aktien von Unternehmen gekauft, die dem Fiskus mittels Körperschaftsteuer schon hohe Einnahmen beschert haben. Greift danach die Abgeltungsteuer, mutiert die Doppel- zur Dreifachbesteuerung. Und nun werden die Stimmen solcher Politiker immer lauter, die frech fordern, die einschließlich Soli und Kirchensteuer mit rund 28 Prozent zu Buche schlagende Abgeltungsteuer bevorzuge die Reichen, deren Steuerprogression über diesem Prozentsatz liegt. Noch dreister geht es wahrlich nicht.
Bekanntlich wird vor jeder Wahl viel versprochen und dummes Zeug geredet, erst recht vor der im Mai anstehenden Europawahl. Doch jetzt geht es weit darüber hinaus um das große Ganze: EZB-Chef Mario Draghi muss sich zusätzlich zu seiner bisher erfolgreichen Wortakrobatik etwas Neues einfallen lassen. Denn sein am 26. Juli 2012 abgegebenes Versprechen, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten, kommt allmählich in die Jahre. Derweil verlassen sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone indes weiter auf ihn, während die Politiker und Bürokraten aus der zweiten Reihe das Blaue vom Himmel versprechen – immer im Bewusstsein, Super-Mario werde es schon weiter so richten wie bisher, indem er mangels Europa-Regierung so etwas wie die Rolle eines Europa-Kanzlers einnimmt.
Die finanzielle Repression geht weiter





Nur drängt sich die Frage auf, womit Draghi noch punkten könnte. Nach seinem Versprechen vom Juli 2012 ist nämlich bis heute so viel Geld internationaler Investoren in den Euro geflossen, dass dieser zunehmend an Stärke gewonnen hat. Eine der Folgen: Die schwachen Euroländer sind immer weniger wettbewerbsfähig geworden. Folglich bedrängen sie Draghi, etwas zu unternehmen, damit der Euro abgewertet wird. Draghis Möglichkeiten sind allerdings begrenzt. Weitere wortreiche Auslassungen dürften viel weniger wirksam sein als die vor knapp zwei Jahren. Jede Art von Radikalkur würde dagegen ein Beben an den Finanzmärkten auslösen. Irgendetwas dazwischen gibt es nicht. Wahrscheinlich wird Draghi es noch einmal mit Worten versuchen.
Lässt man sich das alles durch den Kopf gehen, liegt die Frage nahe, ob die Deutschen noch bei Trost sind, 5,15 Billionen Euro in Anlagen zu halten, die zum größten Teil nur mit viel Glück eine positive Realverzinsung abwerfen, von Steuererhöhungen bedroht sind und Gefahr laufen, abgewertet zu werden. Worin besteht für Anleger die Alternative? Sicher nicht darin, von heute auf morgen alles in Immobilien, Aktien oder Gold umzuschichten. Wohl aber darin, diese Möglichkeiten ins Visier zu nehmen, um bei passender Gelegenheit zu günstigen Preisen zuzugreifen, bei Aktien und Gold mehr als bei Immobilien. Dazu gehört der flexible Umgang mit der Materie Geld in allen erdenklichen Varianten statt des starren Festhaltens von Geldwerten, an denen die Inflation nagt.
Europa
Denken Sie dabei immer wieder an die finanzielle Repression, von der die meisten Anleger auch in den nächsten Jahren betroffen sein werden und vor der Sie sich nur durch eine gewisse Flexibilität schützen können. Ich habe sie in meinem neuen Geldbuch so definiert: „Gesetze, sonstige Vorschriften, Restriktionen, Verbote, direkte und indirekte Eingriffe in den Finanz- und Wirtschaftskreislauf, Steuern und Zinsmanipulationen. Auslöser ist der Staat in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen Zentralbank.“ Um dieser Flut erfolgreich begegnen zu können, müssen Sie sich intensiv mit Wirtschafts- und speziell Anlagethemen beschäftigen. Ja, Sie müssen, und zwar zum eigenen Vorteil.