
Wenn Analysten schon Monate vor dem Platzen der amerikanischen Häuserblase massiv auf die daraus entspringenden Gefahren hingewiesen haben, wenn sie danach ihrer Deflationsprognose konsequent treu geblieben sind und die Kundendepots entsprechend strukturiert haben, sind ihre aktuellen Studien zur europäischen Schuldenkrise mehr als nur einen Blick wert. Harter Stoff, den die Analysten der Vermögensverwaltung PSM aus Grünwald bei München uns da bieten, beginnend mit drei Vorschlägen zur Lösung der Schuldenkrise und endend mit dem Satz: „Erst muss es zu einer weiteren wesentlichen Verschärfung der Schuldenkrise kommen, bevor diese Lösungsvorschläge realisiert werden.“
- Die europäischen Länder lagern alle Staatsschulden, die über 60 Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung hinausgehen, in einen Pool aus. Können sie ihre Schulden später bei noch so viel Haushaltsdisziplin und Reformeifer nicht mehr bedienen, springt die EZB für die Schuldentilgung ein.
- Die EZB – alternativ der Rettungsschirm ESM mit Banklizenz – kauft, ähnlich wie die USA und Japan es schon vorexerziert haben, Staatsanleihen auf, beispielsweise bis zu 3 Billionen Euro. Da alle Bemühungen zum Abbau von Haushaltsdefiziten der hoch verschuldeten europäischen Länder scheitern dürften, wird die EZB später auf die Begleichung der Forderungen aus ihren Staatsanleihenkäufen verzichten.
- Als „sinnvollste und gleichzeitig kostengünstigste Sofortlösung“ bezeichnet PSM eine befristete vollständige Rückzahlungsgarantie der EZB für alle Staatsanleihen der EU-Länder. Dadurch könnten die von der EZB garantierten Anleihen eine ernst zu nehmende Alternative zu amerikanischen und japanischen Anleihen werden. Die Folge: „Sofort würde die Zinsbelastung für neu emittierte Staatsanleihen bei den meisten Euro-Mitgliedsstaaten deutlich sinken.“
Die Hilfsmittel der EZB
Draghi senkte den Zinssatz für wöchentliche Kreditgeschäfte auf ein Rekordtief von 0,75 Prozent. Banken, die dringend frisches Geld brauchen, können sich so leichter refinanzieren.
Seit dem Herbst 2008 verleiht die EZB unbegrenzt Geld. Draghi setzte noch eins drauf: Die Institute durften sich zusätzlich mit dreijährigen Krediten von insgesamt einer Billion Euro eindecken.
Die EZB hatte die Anforderungen an Wertpapiere, die Banken bei den Refinanzierungsgeschäften mit der Zentralbank als Sicherheiten benutzen dürfen, deutlich gesenkt. Draghi hat diese nun noch weiter gelockert.
Die EZB hat für 70 Milliarden Euro Pfandbriefe gekauft und belebte so den Markt für dieses sehr wichtige Refinanzierungsinstrument der Banken.
Draghi hat den Zinssatz für Einlagen der Geschäftsbanken auf null gesenkt. Die Geldhäuser sollen ihre überschüssige Liquidität lieber an Konkurrenten verleihen – oder als Kredite an die Realwirtschaft geben. So will er den Geldmarkt wiederbeleben.
Draghi hat es satt, von nationalen Aufsehern beschummelt zu werden. Er will auf wichtige Bankdaten zugreifen können.
Harte Kanzlerin kontra Weich-Euro-Männer
Solche Vorschläge zu unterbreiten, ist eine Sache, sie durchzusetzen, eine andere. Dennoch: Wenn EZB-Chef Mario Draghi, wie neulich in London geschehen, dem Euro die Treue schwört, ist das nichts anderes als eine Absichtserklärung mit dem Hintergedanken an einen von den drei PSM-Vorschlägen oder an eine Mischung daraus. Und wenn Kanzlerin Angela Merkel als die zurzeit wichtigste europäische Politikerin im Kampf gegen die Schuldenkrise einfach nur schweigt, signalisiert das: Mögen die anderen Staats- und Regierungschefs der Eurozone sie noch so sehr verbal herausfordern, am Ende wird sie Ähnliches im Schilde führen wie Mario Draghi.
Nur gibt es da noch einen gewissen Unterschied: Während Draghi sich bis auf Weiteres allein als Geldpsychologe auf internationalem Parkett zu betätigen braucht, um die Gemüter zu beruhigen, denkt Merkel schon an den Bundestagswahlkampf in gut einem Jahr. Sie kann die Gemüter potenzieller Wähler nicht einfach nur dadurch beruhigen, dass sie den Euro wortgewaltig verteidigt; das hat sie schon zur Genüge getan. Sie ist vielmehr gut beraten, aus wahltaktischen Gründen so lange zu schweigen, bis einer ihrer Gegner in Europa und anderswo Fehler begeht, die sie zur eigenen Profilierung ausschlachten kann, und sich dem Wahlvolk als harte Kanzlerin zu präsentieren, die es den Weich-Euro-Männer mal so richtig zeigt.
Wie aus der Schulden- eine Eurokrise wird





Wie sehr der Euro bereits in die Politik involviert ist, hat zuletzt besonders die Reiseroute von US-Finanzminister Timothy Geithner gezeigt, die ihn sogar bis nach Sylt zu seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble geführt hat. Ein scheinbar durchsichtiges Manöver: Im November will US-Präsident Barack Obama wiedergewählt werden, da möchte er nicht gerade, dass sein Land in eine Rezession rutscht. Diese könnte ja die USA ereilen, falls die Eurokrise anhielte – so jedenfalls die kolportierte Begründung.
Hinter der Geithner-Reise steckt indes noch mehr: Der gegenüber dem Euro wiedererstarke Dollar schadet den amerikanischen Exporteuren, und die sind anders als zum Beispiel die deutschen, japanischen oder chinesischen leichter verwundbar. Das liegt an der Struktur der Exporte, zum Teil aber auch an ihrer Qualität. Ein Amischlitten lässt sich in Europa halt weniger gut verkaufen als ein BMW oder VW in den USA. Das hat dann rein gar nichts mehr mit der europäischen Schuldenkrise zu tun, die von interessierter Seite gern zur Eurokrise abgestempelt wird – ungeachtet dessen, dass andere Länder, wie eben die USA, auch eine Schuldenkrise haben.
Ein Ende der Schulden ist illusorisch
Das Ergebnis der hier angestellten - eigenen und fremden - Überlegungen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Kampf gegen die Schuldenkrise wird derzeit in erster Linie verbal ausgeführt, zum Teil auch auf diplomatischem Weg. Ihre Bewältigung lässt noch lange auf sich warten. Eine Entschuldung ist illusorisch, dafür sind die öffentlichen und privaten Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung in den maßgebenden westlichen Ländern schon viel zu hoch; sie bewegen sich dort zwischen 300 und 500 Prozent.
Europa
Als Institution zur Lösung des Schuldenproblems entscheidend ist in Europa die EZB; sie wird nicht um eine Radikallösung herumkommen, sprich Schulden auf irgendeine Weise vernichten müssen. Da die viel zu hohen Schulden, besonders die der Staaten, ein internationales Problem darstellen, muss die EZB sich mit den anderen Zentralbanken abstimmen. Dadurch und durch das anhaltende politische Geplänkel verzögert sich zunächst jegliche Problemlösung.
Das versetzt die Wertpapier-, Devisen- und sonstigen Märkte immer wieder in Unruhe. Schutz dagegen bieten Anlegern - neben der Streuung des Vermögens - vor allem Edelmetalle und Aktien, vorausgesetzt, sie werden dann gekauft, wenn die Notierungen zwischenzeitlich wieder gefallen sind. August und September könnten einmal mehr die zwei Monate sein, in denen sich entsprechende Kauf- oder Nachkaufgelegenheiten ergeben.