Geldflut der EZB Die Eine-Billion-Euro-Frage

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Erste Preisblasen an den Märkten

Draghi Quelle: dpa

„Natürlich birgt das Vorgehen der EZB die Gefahr, dass sich auf den Märkten Blasen bilden“, sagt Axel Wieandt. „Zum Beispiel bei Immobilien, wo billige Finanzierungen die Preise nach oben treiben.“ Banken mit genügend Finanzpolster können günstigere Kreditkonditionen anbieten. Dadurch bekommen Immobilienkäufer mehr Spielraum. Wer jetzt sein Immobiliendarlehen verlängert, zahlt weniger Zinsen und hat monatlich mehr Geld für andere Ausgaben auf dem Konto.

Bei Wohnimmobilien sind schon die Anfänge einer Preisblase erkennbar. „Ende des Jahrzehnts besteht die Gefahr, dass wir am Immobilienmarkt die Überhitzung besonders stark spüren“, meint Banker Lange. Peter Huber, Chef des Oberurseler Vermögensverwalters Starcapital: „Wer für Immobilien das 20-Fache der jährlichen Mietrendite bezahlen muss, kauft teuer ein oder rechnet mit stark steigenden Mieten.“ Hubers Fazit: „Allein die Inflationsangst führt zu einer Fehlallokation der Gelder.“

  • Vertrauen in riskantere Anlagen nimmt zu: „LTRO hat die Aktienkursentwicklung befeuert, weil bei Investoren die Angst gewichen ist“, sagt Investmentbanker Wieandt. Das Risiko, dass Staaten verunglücken, war aus Sicht der Anleger erst einmal vom Tisch. Vor der zweiten EZB-Geldspritze hielten noch 60 Prozent der regelmäßig von Bank of America Merrill Lynch befragten Fondsmanager die „Refinanzierung von EU-Staatsschulden“ für den größten Risikofaktor. Die Zahl ist bei der März-Umfrage auf 38 Prozent gefallen.

Ende 2011 hielten die Manager von Europa- Aktienfonds noch 5,8 Prozent ihrer Fondsgelder in bar, bis Ende Februar hatten sie den Kassenbestand auf 3,8 Prozent reduziert und Aktien gekauft.

Auch die von der Geschäftslage und Zahlungsstärke eines Unternehmens abhängigen Unternehmensanleihen sind wieder gefragt. Seit Jahresbeginn flossen rund zehn Milliarden Euro in hochverzinsliche europäische Unternehmensanleihen. Auch Südeuropa, 2011 noch tabu, ist wieder angesagt: „Kaum jemand kaufte Fiat-Bonds mit 14 Prozent Rendite. Jetzt, bei nur noch sieben Prozent, will jeder sie plötzlich haben“, sagt ein Fondsmanager. Günstigere Finanzierungsbedingungen für Unternehmen aber stärken deren Gewinne und beflügeln letztlich die Aktienkurse.

Rettung für Schwache...

Geöffnet wurden die Geldschleusen, nachdem im Dezember 31 von 70 europäischen Großbanken durch einen Stresstest der Euro-Bankenaufsicht EBA gefallen waren. Die Banken mit dürrer Kapitaldecke hätten, um die nächste Krisensituation überstehen zu können, zusätzlich 115 Milliarden Euro auftreiben müssen. Vor allem Banken in Italien und Spanien liefen die Sparer in Scharen davon, sie parkten ihr Geld lieber
im Ausland oder im heimischen Tresor.

Unter dem Strich, inklusive der wieder bei der EZB eingezahlten Gelder, gingen nach Schätzungen der UBS 260 Milliarden Euro an italienische Banken, 250 Milliarden an spanische, 80 Milliarden an griechische und 50 Milliarden an portugiesische. Schnell lief es für die kapitalschwachen Banken wieder besser: Die Prämien für Kreditversicherungen (CDS), mit deren Hilfe sich Investoren gegen Kreditausfälle nach Bankpleiten absichern können, sind seit Dezember etwa für die italienischen Banken UniCredit und Intesa Sanpaolo um ein Drittel gesunken. Deutschen Banken bleiben die Wettbewerber erhalten: „Die EZB hat die südländischen Banken so gestützt, dass sie sich kaum aus Deutschland zurückziehen müssen“, sagt Commerzbank-Vorstand Markus Beumer.

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