Geldflut der EZB Die Eine-Billion-Euro-Frage

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Schwache Banken profitieren

Banken in Frankfurt Quelle: dpa

Der Erfindungsreichtum der Banken scheint unermesslich. So gibt es Institute, die mit EZB-Krediten eigene Pfandbriefe kaufen und sich selbst die Zinsen aus EZB-Geldern zahlen. „Die Pfandbrief-Zinsen sind natürlich höher als ein Prozent“ berichtet ein Frankfurter Bankvorstand.

Thomas Lange, Chef der National-Bank in Essen, zählt zu den wenigen Bankern, die das EZB-Geld nicht mitgenommen haben. Er hält die Gießkannen-Aktion für falsch. Banken, die viel Geld wollen, sollten auch mehr bezahlen. Thorsten Winkelmann, Fondsmanager bei Allianz Global Investors, sieht die stabilen Banken im Dilemma: „Nehmen sie das Geld nicht, haben sie gegenüber der Konkurrenz Nachteile. Um ihre Wettbewerbsstärke nicht zu verlieren, müssen sie zugreifen.“

Banken, die schlecht gewirtschaftet haben und nicht wettbewerbsfähig sind, bekommen Geld und könnten die Sanierung ihrer Bilanzen einfach verschieben. Drastisch formuliert: Die EZB hält Zombie-Banken am Leben und ermöglicht gesunden Häusern Zusatzprofite, womöglich sogar über neue Finanzinstrumente. „Demnächst werden Investmentbanken Finanzinnovationen verkaufen, die Banken helfen sollen, möglichst viel aus den LTRO-Geldern herauszuholen“, fürchtet ein hochrangiger Notenbanker. National-Banker Lange sieht das mit Graus: „Die Finanzwirtschaft sollte Kreditgeber für die Wirtschaft sein und nicht andauernd Zusatzgeschäfte suchen“, fordert er. Wer das für naiv halte, solle sich an die Wurzeln der Finanzmarktkrise von 2007 erinnern: „Es war auch das billige Zentralbankgeld, das zu den Blasen an den Kapitalmärkten geführt hat, die sich jetzt wieder – wenn auch an anderen Stellen – aufblähen können.“

Langfristig droht Inflation

„Die Überschussliquidität wird in der Wirtschaft nicht gebraucht und landet stattdessen in Anlagemärkten“, sagt Huber von Starcapital. Tatsächlich ist parallel zum Dax-Anstieg die Kreditvergabe an Euro-Unternehmen im Februar gegenüber Januar um drei Milliarden Euro gesunken.

Solange das Geld nicht in der Wirtschaft ankommt, bleibt die Inflation niedrig. In Deutschland lag die jährliche Inflationsrate zuletzt im März bei 2,1 Prozent – nur leicht unter den 2,3 Prozent von Februar. Doch das Basisgeld – die Summe aus Euro-Bargeld und Einlagen der Banken bei der EZB – ist von Dezember bis Mitte Februar um zehn Prozent gestiegen. Und darin ist noch nicht das üppige zweite LTRO-Geschenk von Ende Februar enthalten. Rein theoretisch könnten die Banken zum derzeitigen Mindestreservesatz von einem Prozent das 100-Fache ihrer Zentralbankguthaben als Kredite an die Wirtschaft vergeben. Dann käme es zu einer galoppierenden Inflation.

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