Geldknappheit Russlands Privatisierung gerät zur Farce

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Kritik an der Entscheidung

Am Ende sprach Präsident Putin ein Machtwort und entschied sich für seinen alten Freund und gegen privates Geld. Rosneft habe schlicht und ergreifend mehr geboten als alle anderen. Medewedew blieb am Ende nichts anderes übrig, als eine Entsprechende Genehmigung für Rosneft zu unterschreiben. Dabei kritisieren Branchenkenner und unabhängige Ökonomen fast einstimmig die Entscheidung. „Der Deal hat überhaupt nichts mit Privatisierung zu tun“, meint etwa Michail Krutichin, Partner der Beratungsfirma RusEnergy. Die Behörden würden Geld aus der einen Tasche in die andere legen. Der Staat habe zwar an einer Stelle 4,5 Milliarden eingenommen, von dem Geld gehörten aber wegen der staatlichen Rosneft-Beteiligung ohnehin etwa drei Milliarden ihm selbst, rechnet der Experte vor. Auch der Ex-Finanzminister Alexej Kudrin sagte, der Verkauf sei keine Privatisierung gewesen, sondern lediglich eine Konsolidierung staatlicher Aktiva.

Dabei hätte der Staat, erklärten Branchenkenner, auch ohne den Verkauf von Bashneft an Rosneft eine Möglichkeit gehabt an das Geld von Rosneft zu kommen, etwa in Form von erhöhten Dividenden. Einziger Nachteil: auch andere Aktionäre wie der Energiekonzern BP, der als größter Investor etwa ein Fünftel der Anteile hält, würden daran mitverdienen. Insider, von russischen Medien zitiert, entgegnen dass der Fiskus das Geld allerdings jetzt dringend braucht und nicht warten konnte. Die Insgesamt etwa 15 Milliarden Euro Privatisierungserlös seien schon fest im laufenden Haushalt eingeplant.

Putin selbst lässt sich in seiner Entscheidung jedenfalls nicht beirren. Durch einen Synergieeffekt würden die Aktien steigen, was am Ende mehr Geld für den Staat beim Verkauf von Rosneft-Anteilen bedeutet, erklärte er kürzlich. Die Börsen sehen das offenbar etwas anders, denn die Papiere des Staatskonzerns haben seit einer Woche etwa fünf Prozent eingebüßt. Sein alter Kumpel Setschin plant derweil schon einen weiteren Coup. Weil offenbar noch kein Investor gefunden wurde, der bei Rosneft einsteigen will, könnte die Aktiengesellschaft eine Art Rückkaufprogramm auflegen und die Papiere im Wert von etwa 10 Milliarden Euro selber erwerben.

Die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas und Öl

Geld hätte Rosneft jedenfalls genug. Derzeit sollen knapp 20 Milliarden Euro auf den Konten des Konzerns schlummern. Selbst abzüglich der kürzlichen Übernahme einer Raffinerie in Indien für drei Milliarden Euro und der Bashneft-Anteile für 4,5 Milliarden Euro bleibt mehr als genug. Zwar hatte Russlands Staatsoberhaupt bereits angekündigt, dass der Rückkauf nur ein Zwischenschritt zur echten Privatisierung sein könne. Dass sich jedoch später ein geeigneter Käufer finden lässt, der kein Mitspracherecht beansprucht, bleibt zweifelhaft. Bis dahin hätte Setschin allerdings seinen Einfluss bei Rosneft durch einen Rückkauf noch deutlich ausgebaut. Die Privatisierung dagegen wäre dann endgültig zur Farce verkommen.

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