Gemeinsame Verteidigung EU-Kommission plant Milliardenbudget

Die EU-Kommission will insgesamt 5,5 Milliarden Euro für gemeinsame Verteidigungsmaßnahmen freisetzen. Unter anderem sollen Entwicklung und Kauf von Schlüsseltechnologie vorangetrieben werden.

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Bundeswehrsoldaten und ihre niederländischen Kollegen auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn. Quelle: dpa

Die EU-Kommission will wegen der isolationistischen Politik von US-Präsident Donald Trump und des bevorstehenden britischen EU-Austritts noch mehr Geld in die gemeinsame Verteidigung stecken. Ab 2021 könnten rund eine Milliarde Euro pro Jahr aus dem EU-Haushalt in gemeinsame Projekte fließen, sagte EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska in einem am Mittwoch veröffentlichten Reuters-Interview. Die Brüsseler Behörde schlug dafür einen Fonds vor, der die Entwicklung und den Kauf von Prototypen in Schlüsseltechnologien vorantreiben soll.

In den Jahren 2019 und 2020 stehen dafür 500 Millionen Euro bereit, nach 2020 soll das Budget auf jährlich eine Milliarde Euro aufgestockt werden. Mithilfe von Garantien für nationale Beiträge erhofft sich die EU-Kommission einen Hebeleffekt, so dass unter dem Strich fünf Milliarden Euro pro Jahr bereitstehen sollen. Zusätzlich will die EU nach 2020 mit jährlich 500 Millionen Euro Forschungsprojekte im Verteidigungsbereich direkt finanzieren.

"Europas Bürger sehen Sicherheit als das Thema Nummer Eins, das ihnen Europa geben sollte, es ist also Zeit für einen solchen Vorschlag", sagte Bienkowska. Um den EU-Topf anzuzapfen, müssen sich nach den Vorstellungen der EU-Kommission mindestens drei Firmen und zwei Mitgliedsländer für ein Projekt zusammentun. Nach der Finanzierung und Entwicklung eines Prototyps sollen die Mitgliedsländer das Ruder bis zur Serienreife übernehmen. Nationale Beiträge in den Fonds kann ein Land von seinem Defizit abziehen, wenn es seine Haushaltszahlen nach Brüssel schickt. Das EU-Parlament und die Mitgliedsländer müssen den Vorschlägen noch zustimmen. Bienkowska hofft auf einen Abschluss dieser Verhandlungen bis Ende 2018. Sie nannte Projekte im digitalen Bereich als mögliche Beispiele für die EU-Finanzierung.

EU-Kommission: Keine EU-Armee geplant

Großbritannien hat eine stärkere Kooperation der EU in Verteidigungsfragen lange Zeit abgelehnt, weil die Regierung in London Parallelstrukturen zur Nato und die Abgabe von Kompetenzen Richtung Brüssel fürchtet. Die EU-Kommission verweist dagegen darauf, dass pro Jahr 25 bis 100 Milliarden Euro wegen Doppelstrukturen in den EU-Staaten verschwendet würden. So gebt es laut EU-Angaben 37 verschiedene Typen von gepanzerten Truppentransportern in der Staatengemeinschaft und zwölf Arten von Tankerflugzeugen, während in den USA nur neun beziehungsweise vier dieser Waffensysteme existierten.

In einem Weißbuch legte die EU-Kommission zudem drei Optionen zur Zukunft der Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich vor, die sich im Grad der Intensität unterscheiden. So wäre in der geringsten Form der Kooperation die Zusammenarbeit freiwillig und würde von Fall zu Fall entschieden. Im ehrgeizigsten Fall würden die 27 EU-Staaten eine gemeinsame Verteidigungspolitik entwickeln und zusammen mit der Nato für die Sicherheit Europas sorgen. Die EU wäre dann in der Lage, umfangreiche Militäroperationen durchzuführen. Eine EU-Armee sei aber nicht vorgesehen, erklärte die Brüsseler Behörde. Entscheidungen in Verteidigungsfragen sollen die EU-Staaten einstimmig treffen.

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