
WirtschaftsWoche: Herr Papakonstantinou, wohin steuert Griechenland?
Papakonstantinou: Das Land wird in der Euro-Zone bleiben, aber es ist wichtig, dass wir die Ereignisse jetzt als Weckruf sehen. Die Art und Weise, wie der öffentliche Dienst und der Staat funktionieren, das Steuer- und Sozialsystem, das alles muss sich fundamental wandeln.
Kam der Weckruf nicht schon 2009?
Niemand hat damals begriffen, wie tief der notwendige Wandel tatsächlich gehen muss. Leute, die das Land von außen betrachten, behaupten oft, es habe sich nichts geändert. Sie machen es sich zu einfach. Es hat sich viel verändert – nur noch nicht genug.





Was denn genau? Die Troika berichtet Mal für Mal, Griechenland habe seine Ziele verfehlt...
Wir haben innerhalb von zwei Jahren das Primärdefizit um acht Prozentpunkte gesenkt, was kein anders Land der Welt je erreicht hat. Wir sind Reformen angegangen, die 30 Jahre lang verschleppt worden waren. Wir haben die Renten reformiert, das Gesundheitssystem, das Steuersystem. Steuersünder landen erstmals im Gefängnis.
Warum bewegt sich trotzdem so wenig?
Eine Erklärung ist das politische System, das sich dem Wandel widersetzt, und die Verwaltung ebenso. Die Reform der Zentralverwaltung wurde erst vor Kurzem begonnen. Sie sieht vor, dass die Leistung von Beamten beurteilt wird und ihre Bezahlung davon abhängt. Ich hoffe, die neue Regierung wird dies energisch vorantreiben.
Wie haben Sie den Apparat in Ihrem Ministerium erlebt, als Sie Finanzminister waren?
Ich hatte einige hervorragend ausgebildete und hoch motivierte Mitarbeiter – aber die kritische Masse fehlte. Als ich ins Umwelt- und Energieministerium wechselte, das durch die Fusion zweier Ministerien entstanden war, gab es dort zwei Personalabteilungen und zwei Einheiten für Rechnungswesen. Wir haben diese Teilung beendet und die Zahl der Abteilungen um 40 Prozent reduziert.
Ließ sich mit solch einem Apparat Politik machen?
Wir haben hart daran gearbeitet. Vor der Reform von 2010 hatte der Finanzminister keine Kontrolle über die Gesamtausgaben der Regierung. Ich war der erste Minister, der über ein Instrument verfügte, Haushaltsausgaben im Voraus zu überwachen, um nicht unter dem Jahr mit unerwarteten Rechnungen konfrontiert zu werden. Mir flatterte beispielsweise eine offene Forderung von sechs Milliarden Euro auf den Schreibtisch, weil über die Jahre die Lieferanten im Gesundheitssystem nicht bezahlt worden waren. So etwas kann sich nun nicht mehr wiederholen.