
Eigentlich geht es in der lettischen Hauptstadt Riga um die Ostbeziehungen der EU im Schatten des Kriegs in der Ukraine. Doch die griechische Finanzkrise drängt sich in den Vordergrund - zumindest in der Nacht zum Freitag.
Am Rande des Gipfels berieten am späten Donnerstagabend Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande mehr als zwei Stunden mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras über Lösungsmöglichkeiten für Athens Schuldenkrise. Über den Inhalt des Gesprächs wurde am Freitagmorgen zunächst wenig bekannt.
Eine deutsche Regierungssprecherin sagte lediglich, das Treffen habe in konstruktiver und freundschaftlicher Atmosphäre stattgefunden. Einigkeit habe darüber bestanden, dass die Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Institutionen EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) fortgesetzt werden müssten. Nach Angaben griechischer Medien sagte Tsipras nach dem Treffen, es könnte bis Ende Mai eine Einigung im Schuldenstreit geben.
Die Euroländer fordern von dem pleitebedrohten Griechenland im Gegenzug für weitere Unterstützung weitreichende Reformzusagen. Bis zuletzt hatte es die Regierung in Athen nicht geschafft, eine überzeugende Liste mit Vorschlägen vorzulegen.
Hollande hatte vor dem Dreiertreffen vor zu großen Erwartungen gewarnt. Der entscheidende nächste Termin werde ein Treffen der Finanzminister der Euroländer sein, das „Ende des Monats oder ganz zu Beginn des Monats Juni“ erwartet werde. „Wir werden nicht hier in Riga die Griechenland-Frage ausverhandeln“, sagte er.
Attacken gegen Moskau
Währenddessen wurde auf dem Gipfel deutlich: Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen ungeachtet der schweren Krise mit Russland ihre Beziehungen zu den östlichen Partnerstaaten ausbauen. In der Riga setzen die EU-Länder am Freitag ihre Beratungen mit den sechs Ex-Sowjetrepubliken Ukraine, Weißrussland, Moldau, Armenien, Aserbaidschan und Georgien fort.
An einer gemeinsamen Abschlusserklärung des EU-Gipfels mit den früheren Sowjetrepubliken Ukraine, Moldau, Georgien, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland wurde bis zuletzt gearbeitet. Merkel betonte am Donnerstagabend, die östliche Partnerschaft sei kein Instrument der EU-Erweiterung, aber der Annäherung an die Europäische Union. Die Ukraine hatte dagegen eine klare Beitrittsperspektive gefordert.
EU-Ratspräsident Donald Tusk machte Russland mit Blick auf den Ukraine-Konflikt allerdings scharfe Vorwürfe: „Die Ostpartnerschaft ist kein Schönheitswettbewerb zwischen Russland und der EU“, erklärte Tusk. „Aber ganz offen gestanden: Schönheit zählt. Wenn Russland etwas weicher, charmanter, attraktiver wäre, müsste es seine Unzulänglichkeiten vielleicht nicht mit destruktivem, aggressivem und schikanierendem Taktiken gegenüber seinen Nachbarn kompensieren“, fügte er hinzu. Bundeskanzlerin Angela Merkel schlug in eine ähnliche Kerbe. Im Gegensatz zu Russland akzeptiere die EU die Unterschiedlichkeit der Mitglieder der Ostpartnerschaft und deren eigene Wege, so Merkel. Das Partnerschaftsprogramm der EU habe zwar schwere Stunden durchlebt, betonte sie, aber die EU akzeptiere im Gegensatz zu Russland die Unterschiedlichkeit von Ländern.
Zum Ende des Gipfels an diesem Freitag soll eine Erklärung verabschiedet werden, in der Russland als Aggressor verurteilt wird. Um die Deklaration gab es zum Auftakt heftige Diskussionen. Staaten wie Weißrussland und Armenien, die gute Beziehungen zu Moskau pflegen, wehrten sich gegen Pläne, in der Abschlusserklärung Kritik an Russland zu üben.
Es ist der vierte Gipfel seit der Gründung der Östlichen Partnerschaft 2009. Das Programm soll die Demokratisierung der Länder voranbringen. Der Konflikt mit Russland um die Ukraine belastet das Projekt schwer.