




Die Ungewissheit über den Ausgang des italienischen Verfassungsreferendums und den Verbleib Italiens in der Eurozone spürt auch der Münchner Edelmetallhändler Pro Aurum. In dessen Filiale in Lugano im Schweizer Kanton Tessin, wenige Kilometer entfernt von der italienischen Grenze, ordern seit einigen Wochen vermehrt Italiener Barren und Münzen.
Die meisten lassen das Gold anschließend verwahren im Zürcher Zollfreilager des deutsche Edelmetallhändlers. „Normalerweise haben wir in Lugano 20 Prozent italienische Kunden und 80 Prozent Schweizer. Jetzt hat sich dieses Verhältnis beinahe umgekehrt“, sagte Pro-Aurum-Geschäftsführer Robert Hartmann der WirtschaftsWoche.
Am 4. Dezember stimmen die Italiener über eine Verfassungsreform ab, an die Ministerpräsident Matteo Renzi seine politische Existenz geknüpft hat. Fällt er bei diesem Stimmungstest durch, worauf die jüngsten Umfrageergebnisse hindeuten, könnte das der Anfang vom Ende Italiens in der Europäischen Union und im Euro sein. Diese Befürchtung teilen immer mehr italienische Anleger. Sie räumen ihre Bankkonten bei heimischen Instituten und packen ihr Geld vorsorglich ins Ausland.
Die Goldkäufer aus Italien schafften aber nicht bündelweise Bargeld über die Grenze. Das sei ohnehin nicht mehr so einfach, sagt Hartmann. Reisende, die Bargeld aus der EU in die Schweiz schaffen wollen, müssen mitgeführte Barmittel ab 10.000 Euro ohne Aufforderung schriftlich deklarieren.
Das Netz ist engmaschig. Wer sich nicht an die Vorgaben hält und erwischt wird, muss mit einem Verfahren und drakonischen Strafen rechnen. Außerdem wird der Zoll die Steuerfahndung informieren. Die italienischen Kunden überweisen das Geld ganz normal und legal auf ein Konto von Pro Aurum in Lugano. Noch geht das.
Den italienischen Banken aber schwinden die Einlagen. So zogen Kunden bei der krisengeschüttelten Banca Monte dei Paschi di Siena binnen Jahresfrist 14 Prozent ihrer Einlagen ab. Die drittgrößte italienische Bank, die 28 Milliarden Euro an faulen Krediten in ihren Büchern stehen hat, muss bis zum Jahresende fünf Milliarden Euro frisches Kapital beschaffen. Die Zeit wird allmählich knapp. Das italienische Endspiel hat begonnen.