
Die griechische Regierung will in den kommenden Tagen der Euro-Gruppe ihr angemahntes Reformpaket vorlegen und hofft danach auf die schnelle Auszahlung von Hilfsgeldern. Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis kündigte am Dienstag mit Blick auf die Reformvorschläge an: "Das wird bis spätestens Montag geschehen."
Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz schürte Hoffnungen auf eine baldige Linderung der Finanznot in Athen. "Ich glaube, dass bis Ende der Woche ein neuer Vertrag erreicht wird, der ausreicht, um den dringendsten Finanzbedarf zu lösen", sagte er der Zeitung "La Repubblica". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann will die Möglichkeit eines Ausscheidens Griechenlands aus der Euro-Zone aber noch nicht ganz ausschließen.
Griechenlands Zahlungsverpflichtungen 2015
Die griechische Regierung muss in diesem Jahr noch rund 17 Milliarden Euro an Krediten und Zinsen zurückzahlen. Der größte Batzen entfällt dabei mit rund 8,1 Milliarden Euro auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Daneben stehen Zahlungen an die Europäische Zentralbank (EZB), private Gläubiger sowie die Partner aus der Eurozone aus. Ungeachtet der Verlängerung des Hilfsprogramms mit den Euro-Partnern ist bisher unklar, wie Finanzminister Yanis Varoufakis die Mittel aufbringen will. Vor allem im Juli und August stehen Rückzahlungen über mehrere Milliarden Euro an. Es folgt eine Auflistung darüber, was Griechenland in welchem Monat dieses Jahres zahlen muss.
Rundungsdifferenzen möglich, Quelle: Eurobank Athen, eigene Berechnungen (Reuters)
Rund 1,5 Milliarden an den IWF, 75 Millionen Zahlungen an andere - insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 275 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 0,7 Milliarden Euro.
750 Millionen plus 196 Millionen an IWF, sowie 77 Millionen für bilaterale Kredite - insgesamt rund 1 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden an IWF plus 280 Milliarden an EZB und andere - insgesamt 1,7 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 3,5 Milliarden an EZB, 700 Millionen an Zinsen für EZB - insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro.
Rund 170 Millionen an IWF, 3,2 Milliarden an EZB und andere Notenbanken, 190 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden Euro an IWF.
450 Millionen an IWF, 200 Millionen an andere - insgesamt 0,65 Milliarden Euro.
150 Millionen an IWF, 77 Millionen bilaterale Kredite - rund 0,23 Milliarden Euro
1,1 Milliarden Euro an IWF.
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte bei seinem Antrittsbesuch in Berlin am Montagabend bis kurz vor Mitternacht mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen. Dabei war von einer "guten und konstruktiven" Atmosphäre die Rede, auch wenn Merkel ihrem Amtskollegen keine finanziellen Zusagen machte. Tsipras traf am zweiten Tag seines Berlin-Besuchs Außenminister Frank-Walter Steinmeier sowie führende Politiker von Linken und Grünen.
Steinmeier sieht Fortschritte
Nach dem Treffen mit Steinmeier setzt dieser auf Fortschritte zur Lösung der Finanzprobleme des südeuropäischen Landes. Er freue sich, dass sich die Tonlage zwischen Deutschland und Griechenland in den vergangenen Tagen "deutlich verbessert" habe, sagte Steinmeier nach dem Treffen mit Tsipras. Dies sei zwar noch nicht die Lösung der finanzpolitischen Probleme des Landes. "Aber ist ganz ohne Zweifel eine Voraussetzung dafür, dass man sich in den nächsten Tagen in ganz ernsthafte Gespräche miteinander begibt", fügte er hinzu.
Steinmeier sagte, es gehe darum, dass Missklänge in den Beziehungen beider Länder nicht weiter in die Zukunft getragen werden. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe solle dazu beitragen. Der SPD-Politiker betonte zugleich, die Finanzschwierigkeiten Griechenlands könnten nicht im deutsch-griechischen Verhältnis geklärt werden. Die Überwindung sei nur auf dem Wege "europäisch-griechischer Gespräche" möglich.
Sahra Wagenknecht von der Linkspartei warf Merkel derweil Heuchelei im Umgang mit Griechenland vor. Merkel wolle den griechischen Regierungschef immer noch zwingen, die Kürzungsdiktate der Troika umzusetzen und „das griechische Tafelsilber zu verramschen“, schrieb die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag auf der Website ihrer Fraktion.
„Neu ist, dass Merkel eine gute Miene zu diesem bösen Spiel macht“, fügte sie hinzu. Der Plan der Kanzlerin für Europa laute: „Die Schulden sollen als Hebel genutzt werden, um einen Ausverkauf öffentlichen Eigentums zugunsten deutscher Konzerne zu organisieren.“
Gleichzeitig hieß es von Seiten der Linkspartei, man habe den Eindruck Merkels Treffen mit Tsipras habe dazu beigetragen, bei der Bundesregierung „etwas mehr Verständnis“ für die schwierige Lage der Griechen zu wecken. Dies sei dringend notwendig, sagte die Parteivorsitzende Katja Kipping nach einem Treffen mit Tsipras. „Es stimmt einfach nicht, dass Griechenland keine konkreten Reformvorschläge unterbreitet“, fügte sie hinzu. Zentral seien dabei Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit.
Der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, erklärte, die akuten Liquiditätsprobleme Athens ließen sich leicht lösen, wenn die Vermögen aller griechischen Steuerflüchtlinge in Luxemburg und anderen europäischen Staaten vorübergehend eingefroren würden. Außerdem gehe es in dieser Krise nur vordergründig um Geld. In Wirklichkeit versuchten die anderen 18 Staaten der Eurozone, Athen ihren „neoliberalen Kurs“ aufzuzwingen. Gysi sagte: „Tsipras ist ein Glücksfall für Europa.“
Es geht nicht um Sparmaßnahmen
Die griechische Regierung machte unterdessen deutlich, bei ihrem angekündigten Reformpaket werde es nicht um Sparmaßnahmen gehen, sondern um strukturelle Reformen. Oppermann sagte im Deutschlandfunk, wenn sich die Regierung in Athen auf den Reformweg mache, müsse man sie unterstützten. "Diese Regierung verdient in diesem Punkt eine ehrliche Chance."
Von einem positiven Urteil der drei Institutionen der früheren Troika - EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) - hängt ab, ob das Land in nächster Zeit gut sieben Milliarden Euro an Hilfsgeldern erhält. Angeblich reicht die Liquidität Griechenlands gerade noch bis zum 8. April.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, äußerte sich zufrieden mit dem Treffen zwischen Merkel und Tsipras. "Das, was gestern stattgefunden hat, ist die Grundlage für wachsendes Vertrauen", sagte er dem Radiosender HR-Info mit Blick auf die durch den Schuldenstreit beeinträchtigten deutsch-griechischen Beziehungen. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sprach im Bayerischen Rundfunk davon, dass sich die Tonlage zischen Merkel und Tsipras gebessert habe.