Griechenland Verzweiflung in Griechenland

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Eine "soziale Explosion" droht

So ist es um die Armut in Europa bestellt
Platz 27: Am wenigsten armutsgefährdet sind die Menschen in Dänemark. Das ergab eine Studie des Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Als armutsgefährdet gilt nach einer Definition der EU, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens eines Landes zur Verfügung hat. Das IW nahm diese Definition als Grundlage für ihre Forschung, kombinierte sie jedoch noch mit weiteren Faktoren, zum Beispiel die subjektive Einkommensarmut und die Deprivation, also das, worauf Menschen aus finanziellen Gründen verzichten müssen. Heraus kam: Nur ein Prozent der Bevölkerung in Dänemark ist arm. Auf Platz 26 schafft es Luxemburg. Quelle: REUTERS
Platz 25: Immer mehr Menschen sind von Armut betroffen - egal ob in Deutschland oder europaweit. In der EU gilt fast jeder Vierte als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Die Menschen in den Niederlanden kommen dabei noch gut weg und landen auf Platz 25: Nur jeder Neunte ist armutsgefährdet. Quelle: AP
Platz 24: Schweden. Nur ein Prozent der Bevölkerung in Schweden muss erhebliche materielle Entbehrungen hinnehmen. Auf Platz 23 und 22 folgen Finnland und Österreich. Quelle: dpa
Platz 21 für Deutschland - damit liegen wir im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld. Besonders betroffen von Armut sind in Deutschland Migranten, Alleinerziehende und Arbeitslose. 30 Prozent der Arbeitslosen sind einkommensarm. Quelle: dpa
Platz 20: Vereintes Königreich. Die Briten gehören ins Mittelfeld - ebenso wie Frankreich (Platz 19), die Tschechischen Republik (Platz 18), Belgien (Platz 17) und Slowenien (Platz 16). Doch es gibt deutliche Unterschiede: Während die Tschechen EU-weit die niedrigste Einkommensarmutsquote hat, sind die Briten bei der subjektiven Armut vorne. Quelle: REUTERS
Platz 15 bis 13: Slowakische Republik, Malta, Spanien. Die Länder gehören in Sachen Armut in das untere Mittelfeld. Quelle: AP
Auch die Iren gehören noch ins Mittelfeld, wenn auch ins untere - und belegen im Ranking Platz 12. Etwas größer ist die Armutsgefahr für Estland (Platz 11). Quelle: dpa

Eine Alternative, die auch Kaltabanis mittlerweile in Erwägung zieht: „Ich denke immer häufiger über die Auswanderung in einen Staat außerhalb der EU nach, wo die Arbeitsbedingungen besser sind.“ Er blickt auf ein heruntergekommenes Gebäude, nur wenige Meter von seinem eigenen Haus entfernt. „Ich würde am liebsten sofort ausreisen und meine Familie so bald wie möglich nachholen.“

Nach einem Jahr Arbeitslosgeld endet jegliche Unterstützung

Die Situation ist desaströs. Nicht nur der griechische Arbeitsmarkt steckt in einer schweren Krise. Selbst der nationale Träger für Gesundheitsleistungen EOPYY, welcher für die meisten Griechen als Krankenkasse fungiert, steckt tief in den Schulden. Somit müssen auch Personen, die nicht ihren Versicherungsschutz verloren haben, oftmals ihre Rechnungen von Krankenhäusern oder wichtige Medikamente aus der eigenen Tasche zahlen.

Zu groß ist die Sorge, dass EOPYY bald nicht mehr zahlen kann. Damit stehen viele Griechen vor der Gefahr der Verarmung. Die Arbeitslosigkeit steigt, neue Jobs sind rar und auch der Staat kann seinen Bürgern nicht helfen. Vor der Krise sah das anders aus: Wer arbeitslos war, konnte bis zu zwei Jahren auf staatliche Hilfe vertrauen.

Außerdem gab es wesentlich mehr freie Stellen. Mittlerweile wurde der Bezugszeitraum des Arbeitslosengeldes halbiert und die Auszahlungen selbst von 462 Euro monatlich um gut ein Drittel auf 322 Euro gekürzt. Den Hellenen droht eine „soziale Explosion“, wie der größte Gewerkschaftsverband Griechenlands (GSEE) warnt. Viele Griechen sehen nur einen Ausweg: Das Heimatland verlassen.

George Apostolopoulos sieht die Entwicklungen in seinem Land mit großer Sorge. Er ist Präsident der KYADA, einer Organisation, die sich um Obdachlose in Griechenlands Hauptstadt kümmert. Mittlerweile kommen nicht mehr nur Obdachlose zu der täglichen Suppenküche in der Sofokleusstraße in einem der ärmsten Viertel Athens. Journalisten werden an diesem Ort nicht gerne gesehen, viele ehemals wohlhabendere Athener fürchten erkannt zu werden. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern gibt er hier Tag für Tag Essen an 3800 Personen aus. Tendenz steigend. 

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