Griechenland „Fast 25 Prozent sind Zombie-Unternehmen“

Geschlossene Läden in Athen Quelle: imago images

Die Griechen bekommen eine neue Regierung, die Wirtschaft zieht wieder an. Aber viele Unternehmen sind noch immer so hoch verschuldet, dass sie kaum überleben.

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Wenn er von Zombies spricht, denkt Marios Psaltis nicht an Untote, an denen Hautfetzen herabhängen, und im Hunger nach Hirn den Lebendigen hinterherjagen. Er denkt an Unternehmen. Psaltis ist Geschäftsführer des Wirtschaftsprüfers PWC in Griechenland. Er und seine Mitarbeiter sehen tagaus und tagein Unternehmensbilanzen. Das Äquivalent von untoten Gruselgestalten sind für ihn Unternehmen, die keine Gewinne machen, unter Schulden versinken – aber trotzdem weiter leben.

„Fast 25 Prozent der griechischen Unternehmen sind in finanziellen Schwierigkeiten und zählen als sogenannte Zombie-Unternehmen oder Beinahe-Zombies“, sagt Psaltis. Zu diesem Schluss kommt PWC in einer Langfriststudie, in der die Unternehmensberatung seit Beginn der Krise etwa 2900 Unternehmen beobachtet. Viele große Unternehmen stünden heute wieder stabil dar. Doch gerade unter den kleineren Unternehmen gäbe es viele Zombies, zum Beispiel Ladenbesitzer oder Hotelbetreiber. Und diese Zombies seien eine Wachstumshürde.

Dabei herrscht Aufbruchsstimmung in Griechenland: Zehn Jahre nach der Krise zieht die Wirtschaft wieder an, in diesem Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt laut Prognose um 2,2 Prozent wachsen. Die Arbeitslosigkeit sinkt. Und am Wochenende haben die Griechen die linksradikale Regierung von Alexis Tsipras abgewählt. 39,9 Prozent der Stimmen gingen an die Konservative Partei Nea Dimokratia (ND), im Parlament hat sie damit eine absolute Mehrheit. Der Parteivorsitzende Kyriakos Mitsotakis will sich am liebsten sofort vereidigen lassen.

Insbesondere die Wirtschaft hofft auf Mitsotakis und seine Reformen. „Jobs, Sicherheit und Wachstum“ hat der 51-jährige Harvard-Absolvent den Bürgern am Wahlabend versprochen.

Zombies stehen seinen Plänen allerdings im Weg. Diese Unternehmen haben hohe Schulden und schreiben oft Verluste. „Einige dieser Unternehmen sind eigentlich nicht mehr überlebensfähig, aber sie sind immer noch auf dem Markt“, sagt Psaltis. Das läge vor allem an den griechischen Insolvenzregeln. Zwar wurden die unter der Regierung Tsipras verschärft. „Schulden zu restrukturieren ist heute viel einfacher. Gläubiger können es heute auch erzwingen, dass Unternehmen sich restrukturieren müssen oder Werte verkaufen müssen“, so der Wirtschaftsprüfer. Aber nicht immer würde von diesen Regeln Gebrauch gemacht.

Denn oft sind die größten Gläubiger die Banken. Und die haben den kriselnden Unternehmen die Kredite selbst ausgegeben. Und schließlich hängen an den Zombies auch Arbeitsplätze. Deshalb gilt das Thema auch politisch als schwierig.

Dabei leide die ganze Wirtschaft unter den Untoten: Die Zombies sorgten für einen unfairen Wettbewerb, argumentiert Psaltis. Sie binden Kunden und Arbeitnehmer an sich, die sich sonst vielleicht bei anderen Unternehmen umgucken würden. Und weil sie ihre Schulden nicht bezahlen können, binden sie auch Kapital, das sonst anderen Unternehmen zur Verfügung stünde. „Wenn die Werte dieser Unternehmen an andere gesunde Inverstoren verkauft werden würden, würde das neues Kapital bringen und ein Vorankommen der Wirtschaft ermöglichen“, sagt Psaltris. „Die Banken und Gläubiger sollten aktiver werden und die Liquidierung dieser Unternehmen drängen.“

Dann, hofft er, können die lebenden Toten langfristig ihre Ruhe finden.

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