Nach Ansicht von Finanzaufsehern haben die griechischen Banken wenn überhaupt nur noch für ein paar Tage Liquidität. Wenn kurzfristig kein Rettungsgeld von der EZB oder von internationalen Geldgebern fließt, bricht Griechenlands Bankensystem zusammen, bevor der europäische Abwicklungsmechanismus greifen kann.
Dann droht ein nationaler Alleingang Griechenlands beim Krisenmanagement. Dabei könnten sogar die Spareinlagen herangezogen werden, um Verluste der Banken abzudecken. So ist es 2013 bei der Bankenkrise in Zypern passiert.
Damals wurden allerdings nur reiche Einleger geschröpft. In Griechenland ist aber schon so viel Geld abgeflossen, dass solche Klassenunterschiede wahrscheinlich gar nicht mehr gemacht werden. Die Sparer stünden dann vor verschlossenen Bankschaltern und müssten hilflos mit ansehen, wie sich ihre Kontoguthaben in Luft auflösen. So sah sich Andrea Enria, Chef der Bankenregulierungsbehörde EBA in London am Wochenende genötigt, Gerüchte zu dementieren, wonach griechischen Sparern eine Enteignung drohe.
Folgen einer Staatspleite für Gläubiger
Die Rating-Agentur Moody's hat 13 staatliche Zahlungsausfälle zwischen 1998 und 2008 untersucht. Danach mussten die Gläubiger 30 Tage nach dem Zahlungsverzug einen durchschnittlichen Abschlag von rund 50 Prozent hinnehmen.
Der Zahlungsausfall schwankte in den einzelnen Ländern aber stark. Gläubiger der Dominikanischen Republik kamen mit einem Minus von fünf Prozent noch glimpflich davon. Für Zeichner russischer Anleihen lag der Verlust mit 82 Prozent um ein Vielfaches höher.
Grundsätzlich werden ausländische Investoren nicht schlechter behandelt als einheimische Gläubiger. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Allerdings gibt es auch hier keine Regeln ohne Ausnahmen: Sowohl die Ukraine als auch Russland räumten den einheimischen Investoren „deutlich bessere Deals“ ein.
„Sowohl die russische als auch die argentinische Wirtschaft konnten die Krise relativ schnell überwinden, profitierten dabei aber von außergewöhnlich günstigen Rahmenbedingungen“, heißt es in einer Commerzbank-Studie. In Russland brach die Wirtschaftsleistung im Krisenjahr 1998 um rund 5,5 Prozent ein, ehe sie in den Folgejahren wegen des Rohstoffbooms um durchschnittlich etwa sieben Prozent wuchs.
Auch Argentinien erholte sich dank der steigenden Rohstoffnachfrage rasch. „Anleger sollten diese Erfolge daher nicht bedenkenlos auf andere Länder übertragen“, warnen die Experten der Commerzbank.
Neben den Euro-Ländern hilft auch der IWF mit Geldern aus: Sowohl in Griechenland als auch in Irland ist der erfahrende Krisenhelfer mit im Boot. Aber auch IWF-Hilfen waren in der Vergangenheit keine Garantie gegen Staatspleiten, wie das Beispiel Russland zeigt.
IWF und Weltbank sagten dem vor dem finanziellen Kollaps stehenden Land im Krisenjahr 1998 Hilfen von 22,6 Milliarden Dollar zu. Dennoch bediente der Staat ab August 1998 seine Schulden nicht mehr.
Bedingung für IWF-Hilfen sind strenge Auflagen, die aber nicht immer eingehalten werden. Der IWF schnürte 2000/2001 mehrere Hilfspakete für Argentinien - er erhöhte die Kreditlinien, organisierte Kreditzusagen der Weltbank und der spanischen Regierung.
Die Regierung aber sparte nicht wie vereinbart, sondern fuhr ihre Ausgaben im Kampf gegen die Wirtschaftskrise sogar hoch. Argentinien verfehlte damit die mit dem IWF vereinbarten Haushaltsziele.
Der Fonds setzte deshalb im Dezember 2001 die Zahlungen aus. Am 3. Januar 2002 konnte Argentinien seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen.
Die EBA entwickelt einheitliche Spielregeln für Banken in der Europäischen Union, deren Einhaltung von der EZB-Bankenaufsicht in Frankfurt überwacht wird. Enria unterstrich, dass eine Haftung griechischer Normalsparer für Bankenpleiten das europäische Recht brechen würde. Denn dieses schützt seit dem 3. Juli mit einheitlichen Vorschriften Beträge von 100.000 Euro je Sparer.
Ob die griechische Einlagensicherung diesen Schutz gewährleisten kann, ist zu bezweifeln. Denn es handelt sich dort um eine Krise des gesamten Bankensektors, während gängige Einlagensicherungssysteme nur für Pleiten einzelner Institute ausgelegt sind.
Europa
Selbst wenn der Europäische Abwicklungsmechanismus kurzfristig, also vor seinem offiziellen Start, in Griechenland eingreifen könnte, stünde er vor Problemen, die bei seiner Konstruktion nicht vorhergesehen wurden. Da wäre zum Beispiel die Frage, wie mit einer möglichen Rückkehr Griechenlands zu einer nationalen Währung umgegangen wird. Ein landesinternes Zahlungsmittel könnte den griechischen Banken plötzlich wieder Liquidität verschaffen.
Wie wohl die EZB-Bankenaufsicht und die Abwicklungsbehörde bei einem solchen Schritt reagieren? Laut Satzung sind sie nur für Banken der Euro-Zone zuständig. Die Verantwortung für Banken in EU-Mitgliedsländern außerhalb der Währungsunion können sie nur an sich ziehen, wenn diese sich freiwillig den Institutionen der Bankenunion unterwerfen.