Griechenland Wie gefährlich ist der "Grexit" für Europa?

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Verkraftet die europäische Wirtschaft einen Grexit?

Während sich die meisten Ökonomen sicher sind, dass ein Grexit einen Kollaps für die griechische Wirtschaft zufolge hätte, herrscht über die möglichen Folgen für den Rest der Euro-Zone Uneinigkeit.

„Sollten die Südstaaten abermals Opfer von Spekulationen auf den Finanzmärkten werden, wird das zu einem schwächeren Wachstum in Deutschland führen“, sagt Fratzscher. Solche Spekulationen führten zu einem Vertrauensverlust bei Unternehmen und Konsumenten, und damit zu einer schwächeren Nachfrage. „Das ist der Mechanismus, der mir die größten Sorgen bereitet.“

Zwischen Streit und Einigung: Die Griechenland-Krise

Solche Auswirkungen sieht Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer dagegen nicht. „Es würden kurzfristig Turbulenzen auf den Finanzmärkten auftreten“, sagt er. „Auf die deutsche Konjunktur dürfte das allerdings nicht durchschlagen, weil die Währungsunion stabil bleiben wird. Und Griechenland selbst ist wirtschaftlich zu klein, als es durch eine einbrechende Nachfrage die deutsche Wirtschaft nach unten ziehen könnte.“

Als Exportland ist Griechenland für deutsche Unternehmen in der Tat kaum noch relevant. Laut Auswärtigem Amt ist Griechenland aktuell nur auf Rang 40 der Importeure deutscher Waren. Im Jahr 2014 exportierten deutsche Unternehmen gerade einmal Waren im Wert von 4,96 Milliarden Euro dorthin.

Welche politische Konsequenzen hat ein Grexit?

Griechenland werde nach einem Austritt aus der Währungsunion eine „Phase des ökonomischen Chaos“ durchmachen, sagt Krämer. Viele ausländische Lieferanten dürften auf Vorkasse bestehen. Und viele griechische Unternehmen und Haushalte würden nach Einführung einer weichen Drachme nicht genügend harte Euro haben, um die teuer gewordenen Importe zu zahlen.

Ökonomen erwarten einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit, Kapitalflucht, einen Bankenkollaps. Um die beim IWF und den Euro-Partnern angesammelten Schulden zu tilgen, hat das Land in diesem Zustand nicht die notwendigen Ressourcen. Das wird die Regierungen in den Geberstaaten unter Druck setzen – allen voran die deutsche.

Diese Regierungen scheiterten wegen der Euro-Krise

Denn in diesem Fall müssten Angela Merkel und Sigmar Gabriel eingestehen, dass ein großer Teil der öffentlichen Forderungen gegenüber Griechenland nicht mehr beglichen wird – auch den anderen Geberländern ginge es so. Insgesamt 380 Milliarden Euro hat Griechenland an Subventionen, Hilfen und Krediten erhalten. „Die Rettungspolitik wäre damit gescheitert“, so Krämer.

Die Summe, um die es für die Bundesregierung geht, beziffert Fratzscher auf rund 70 Milliarden Euro. Sie umfasst Garantien die Deutschland im Rahmen der Rettungsschirme ESFS und ESM gegeben hat sowie bilaterale Kredite der KfW. Heinemann schätzt, dass die amtierende deutsche Regierung wegen des Kreditausfalls ein Haushaltsdefizit von zwei oder drei Prozent ausweisen müsste.

Das Ganze ist allerdings nur ein buchhalterischer Effekt. Die meisten Experten glaubten ohnehin nicht mehr daran, dass Griechenland noch zu einer Tilgung seiner Schulden fähig ist, die Gelder sind wohl auch ohne Grexit verloren.  

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