Früher, lange Zeit vor Boutaris, waren einmal die USA das Vorbild. So ist denn auch die einzige landwirtschaftliche Berufsschule in der Großstadt die American Farm School. Gegründet wurde sie 1904 von einem US-Missionar aus Pennsylvania, heute ist sie so etwas wie das Agrikultur-Harvard Griechenlands. Die Absolventen dieser Schule finden alle einen Job, viele haben erfolgreiche Unternehmen gegründet.
Deshalb ist die Farm School hoch gefragt, die Auswahl streng. Zu lernen sind Fächer wie Käserei, Biolandwirtschaft, Gartendesign, Pilzkultivierung, Winzerei, Schneckenzucht und vieles mehr.
Griechischen Wein in China verkaufen
Also: zurück aufs Land? Der Ausbildungsdirektor der Farm School, Vangelis Vergos, wehrt ab. »Landleben ist harte Arbeit, das Dorfleben setzt enge Grenzen, die für Menschen aus der Stadt schwer erträglich sind.« Eine Mischung hat vielleicht mehr Zukunft: arbeiten auf dem Land, leben in der Stadt. Yannis Boutaris steht dafür. Der langjährige Winzer ist ein Stadtmensch.
»Ich liebe Abgase«, witzelt er. Für die Mischung aus Idylle und Moderne steht auch das Weingut Kir-Yanni. Sein Sohn hat mit einem knorrigen griechischen Landwirt nichts mehr zu tun. Natürlich muss der Wein angebaut, gepflegt, geerntet, gekeltert, kultiviert werden. Aber daneben jagt Stellios Boutaris über Weinmessen in Europa und Amerika.
Zukunftsszenarien für Griechenland
Die Eurogruppe billigt einen Schuldenschnitt, die Banken erlassen dem Land daraufhin 100 Milliarden Euro. Somit gibt es auch grünes Licht für weitere Hilfen der Eurozone in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro. Die Europäische Zentralbank (EZB) füllt eine Finanzlücke, damit Griechenlands Schuldenstand bis 2020 wie angepeilt sinken kann. Im Gegenzug unterwirft sich Griechenland einer strikten Überwachung der EU und gibt Kompetenzen in der Haushaltspolitik ab. Das Land leidet noch jahrelang unter Einsparungen, innenpolitischer Unruhe und Rückschlägen. Der Weg zu einer Erholung ist lang und mühsam.
Die Eurozone will zunächst keine weitere Hilfe zusagen. Problem ist der für 2020 trotz Hilfspaket und Gläubigerverzicht erwartete Schuldenstand von 129 Prozent der Wirtschaftskraft, anstatt der angestrebten 120 Prozent. Der Rettungsplan muss also überdacht werden. Zudem wählen die Griechen im April. Die Euro-Länder wollen das Votum abwarten und mit den dann regierenden Parteien Vereinbarungen über Einsparungen und Reformen treffen, bevor sie weiteres Geld überweisen. Mit restlichen Mitteln aus dem ersten Hilfsprogramm wird ein im März drohender Bankrott vorerst verhindert.
Nach zwei Jahren Schuldenkrise nimmt die Eurozone einen Kurswechsel vor: Griechenland soll kontrolliert in die Pleite geführt werden, jedoch in der Eurozone bleiben. Nun kommen Milliardenkosten nicht nur auf die privaten Gläubiger, sondern auch auf die EZB zu: Athen ändert per Gesetzesänderung die Haftungsklauseln für seine Staatsanleihen - und erzwingt einen Verzicht. Die EU arbeitet an einem finanziellen und wirtschaftlichen Neustart des Landes, der ebenfalls viel Geld kostet.
Der Rettungsplan scheitert, die Griechen haben zudem Vorschriften und Kontrolle der Euro-Länder satt. Das Land erklärt seinen Bankrott und die Rückkehr zur Drachme. Wirtschaft und Finanzbranche werden über das Land hinaus erschüttert, Firmen und Banken gehen pleite. Die Kaufkraft der Griechen nimmt massiv ab, soziale Unruhen sind die Folge. Mit der Drachme sind griechische Produkte auf dem Weltmarkt zwar billiger, ein positiver Effekt auf die marode Wirtschaft zeigt sich jedoch nur sehr langsam. Die Europäische Union bemüht sich mit Konjunkturprogrammen, den weiteren Absturz des Landes zu mildern.
Seinen Wein will er nun auch nach China verkaufen. Längst hat er das E-Shopping über das Internet eingeführt. Der Kir-Yanni-Tropfen kommt künftig per Mausklick ins Haus.
So könnte das neue Griechenland aussehen. Wenn die Rechnung aufgeht.