Griechenland Wolfgang Schäuble setzt sich durch – und verschiebt den Streit auf 2018

Schuldenschnitt? Verhindert. Schuldenerleichterungen? Verschoben. Der deutsche Finanzminister geht als Sieger aus den Verhandlungen zwischen Eurogruppe und Griechenland hervor. Doch die größten Probleme bleiben ungelöst.

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Woflgang Schäuble konnte die Geldgeber überzeugen, dass es keine Schuldenerleichterungen vor 2018 geben soll. Quelle: dpa

Wolfgang Schäuble hat sich durchgesetzt – wieder einmal. Griechenland bekommt mehr Geld und setzt dafür Reformen um, die die Geldgeber verlangen. Einen Schuldenschnitt soll es weiterhin nicht geben, Schuldenerleichterungen erst ab dem übernächsten Jahr. Zum wiederholten Mal ist es dem deutschen Bundesfinanzminister gelungen, Schuldenerleichterungen aufzuschieben – seit knapp fünf Jahren sind die bereits im Gespräch.

Warum Deutschland sich dagegen sperrt? Das hat zwei Gründe. Die Bundesregierung ist Athen gegenüber zwar zunehmend positiv gestimmt. Zuletzt hatte die Links-rechts-Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras viele Forderungen der Geldgeber umgesetzt – vor allem Rentenkürzungen und eine Einkommensteuerreform.

Dennoch hallt der große Streit aus dem vergangenen Jahr nach. Damals hatte Griechenland die Verhandlungen über weitere Hilfen abgebrochen, hielt eine Volksbefragung ab und musste beinahe die Eurozone verlassen. Nach wochenlangen nervenaufreibenden Verhandlungen konnten sich die Geldgeber und Griechenland dann doch noch auf ein drittes Hilfspaket einigen. In dieser Zeit ist viel Vertrauen zwischen den Euro-Partnern verloren gegangen, das erst langsam zurückgewonnen wird.

Der Vertrauensverlust ist der eine Grund. Der andere ist viel banaler: Im nächsten Jahr wird hierzulande ein neuer Bundestag gewählt. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, beide CDU, haben kein Interesse daran, dass mitten im Bundestagswahlkampf über Schuldenerleichterungen oder gar einen harten Schuldenschnitt diskutiert wird. Indem das Thema auf 2018 verschoben wurde, hat die Union im Wahlkampf ein Problem weniger.

Ebenfalls verschoben wurde die Frage, wie hoch der griechische Primärüberschuss sein soll. In den nächsten zehn Jahren soll dieser bei 3,5 Prozent liegen. Viele Experten halten das aber für zu hoch. Ob der Wert nach unten angepasst wird, soll ebenfalls erst 2018 entschieden werden.

Die Finanzierung Griechenlands jedenfalls ist für das laufende Jahr mit dem Beschluss in Brüssel sichergestellt – vorausgesetzt, dass Griechenland weitere Reformen umsetzt. Die zugesagten 10,3 Milliarden Euro sollen in zwei Tranchen ausgezahlt werden. Schon im Juni werden voraussichtlich 7,5 Milliarden überwiesen.

Wie die Europäer den IWF rauskaufen könnten

Ob der Internationale Währungsfonds sich künftig wieder an den Krediten für Griechenland beteiligt, ist weiterhin unklar. Der IWF besteht auf einen Schuldenschnitt, den Deutschland wiederum ablehnt. Die Washingtoner Institution ist davon überzeugt, dass die griechische Schuldenstandsquote deutlich reduziert werden muss. 2015 kam Griechenland auf 176 Prozent Verschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung, für das laufende Jahr wird mit über 180 Prozent gerechnet.

Die Europäer wollen sich allerdings weniger an der Schuldenstandsquote orientieren, wenn es darum geht die sogenannte Schuldentragfähigkeit zu bewerten.

Aus EU-Sicht entscheidender: Kann Griechenland seinen jährlichen Verpflichtungen nachkommen? Wenn Athen nicht mehr als 15 Prozent des BIP für den Schuldendienst aufwenden muss, haben die Griechen ihren Schuldenberg unter Kontrolle – so die Rechnung.

von Silke Wettach, Karin Finkenzeller

Der IWF wird im Verlauf des Jahres die Schuldentragfähigkeit Griechenlands neu bewerten und dann entscheiden, ob er in den Kreis der Finanziers zurückkehrt. Unlängst hatte Klaus Regling, Chef des Europäischen Rettungsfonds (ESM), einen Vorschlag unterbreitet, mit dem der IWF künftig weniger Verantwortung übernehmen müsste. Wenn das dritte Hilfspaket in zwei Jahren ausläuft, könnte der ESM die Kredite des IWF ablösen, so Reglings Idee.

Der ESM verlangt 0,8 Prozent Zinsen, der IWF für seine bisherigen Kredite etwa vier bis fünf Prozent. Es ist gut möglich, dass der ESM einen Großteil der IWF-Kredite ablösen wird und der Währungsfonds mit einem geringen Kreditvolumen dabei bleibt. Das wäre dann allerdings vor allem Symbolik.

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Dann hätte sich Wolfgang Schäuble wieder einmal durchgesetzt. Et betont zwar seit geraumer Zeit, der Währungsfonds solle dabei bleiben. Zu Beginn der Griechenland-Krise im Jahr 2010 war er aber kein Freund der IWF-Beteiligung. Sein Ansatz damals: Die Europäer schaffen das alleine.

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