In der Londoner Schuldenkonferenz von 1952 einigten sich 20 Gläubigerstaaten – inklusive Griechenland – mit der jungen Bundesrepublik darauf, die Prüfung ihrer Reparationsforderungen „bis zur endgültigen Regelung“ zurückzustellen. Damit war ein Friedensvertrag gemeint. Den ersetzte dann der Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990, in dem die Siegermächte ausdrücklich keine Reparationsforderungen mehr erhoben. Dem Vertrag stimmten alle KSZE-Staaten, auch Griechenland, zu.
Griechenland war zuvor durchaus nicht leer ausgegangen. Die Bundesrepublik hatte in den 1950er und 1960er Jahren mehrere bilaterale Entschädigungsabkommen mit Staaten geschlossen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gelitten hatten. 1958 wurde ein deutsch-griechisches Abkommen unterzeichnet, dass einen Kredit von 200 Millionen DM und einer Laufzeit von 20 Jahren vorsah.
Die wichtigsten Antworten im Poker um neue Griechenlandhilfen
Die Ressortchefs wollen griechische Spar- und Reformschritte bewerten. Wenn die - seit Monaten verzögerte - Überprüfung des im vergangenen Jahr gestarteten Hilfsprogrammes abgeschlossen wird, ist der Weg für weitere Milliardenhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM geebnet.
Eher gut. Ein ganz wichtiger Punkt sind die griechischen Reformbemühungen, vor allem im Renten- und Sozialsystem. Am Sonntag verabschiedete das Parlament in Athen ein weiteres Sparpaket. Darin sind Steuererhöhungen vorgesehen, Tanken, Rauchen und Telefonieren etwa dürften in Zukunft deutlich teurer werden. Die Maßnahmen sollen rund 1,8 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen.
Das Parlament beschloss außerdem eine insbesondere vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderte Schuldenbremse. Diese soll greifen, falls Griechenland Sparziele nicht erfüllt. Sie ist notwendig, weil der Weltwährungsfonds die Budgetaussichten des Landes deutlich pessimistischer einschätzt als die europäischen Partner.
Er rechnet mit einer Einigung der Geldgeber über die Freigabe weiterer Griechenland-Hilfen. „Wir kriegen das hin, wir sind auf gutem Weg“, hatte der CDU-Politiker am Samstag in Japan gesagt. „Ob wir am Dienstag fertig werden, weiß ich nicht“, schränkte er jedoch ein.
Allein im Juli muss Griechenland zusammen 3,67 Milliarden Euro an den IWF, die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Gläubiger zurückzahlen. Das Geld fehlt aber zur Zeit in den Staatskassen. In der Debatte ist ein hoher Auszahlungsbetrag in der Spanne von neun bis elf Milliarden Euro. Das dritte Rettungsprogramm hat insgesamt einen Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro.
Ja. Selbst nach einer Einigung zwischen den Eurostaaten und Griechenland dürften noch einige Wochen vergehen, bevor Geld nach Athen fließen kann. In einigen Ländern des gemeinsamen Währungsraums, unter anderem in Deutschland, müssen nationale Parlamente vor einer endgültigen Entscheidung noch zustimmen.
Die Euro-Minister legten zum ersten Mal einen Zeitplan vor. Das reicht dem IWF aber offenkundig nicht aus. Es sickerte ein weitgehender Plan durch, wonach die Europäer Zinsen und Rückzahlungen bis 2040 aufschieben sollten. Das Thema ist politisch extrem kompliziert, zumal Schäuble mehrfach sagte, Schuldenmaßnahmen seien für die nächsten Jahre gar nicht nötig.
Bisher nicht. Vor allem Deutschland pocht auf eine Beteiligung des Fonds. Ob es rasche Bewegung geben wird, ist offen. Die eloquente IWF-Chefin Christine Lagarde ist verhindert und wird bei der Eurogruppe gar nicht am Tisch sitzen.
Pikant dabei: Bundeskanzler Konrad Adenauer gewährte den Griechen mit einem Trick an der Öffentlichkeit und dem Bundestag vorbei einen tatsächlichen Zinssatz von nur vier Prozent, während offiziell von sechs Prozent die Rede war. Dazu kamen noch 3 Millionen DM jährlich als Geschenk an den griechischen Staat, sowie weitere Entwicklungshilfeprojekte und ein zinsgünstiger Kredit der bundeseigenen KfW-Bank von 150 Millionen DM. Insgesamt erhielt Griechenland von 1956 bis 1963 deutsche Zahlungen im Wert von etwa einer Milliarde Mark, wie die Historikerinnen Katerina Kralova und Nikola Karasova errechnet haben.
Großteil des Geldes erreichte die Opfer nie
Wie andere Länder, die unter den Nazis gelitten hatten, bekam Griechenland auch so genannte „Wiedergutmachung“, die an die Opfer individuell ausgezahlt werden sollte. Und zwar 115 Millionen Mark entsprechend einem Abkommen von 1960. Die Verteilung dieses Geldes übernahm der griechische Staat. Historiker Richter schätzt, dass etwa drei Viertel dieses Geldes nie die Opfer erreichte, sondern „in den Taschen von Politikern“ landete.
Die deutsche Seite ging davon aus, dass durch diesen Vertrag alle Endschädigungsfragen abschließend geregelt waren. Dennoch kommen seit den 1990er Jahren immer wieder neue Forderungen aus Griechenland auf. 1997 verurteilte ein griechisches Gericht die Bundesrepublik zu 55 Millionen Euro Schadenersatz für die Opfer des SS-Massakers von Nostromo, beziehungsweise deren Nachkommen.
Es folgte ein jahrelanger diplomatischer Streit, da die Bundesregierung dieses Urteil aus völkerrechtlichen Gründen nicht anerkannte. Die Antwort der damaligen rot-grünen Bundesregierung auf eine Anfrage der PDS, die – wie heute ihre Nachfolgepartei „Die Linke“ – auf die Reparationsforderungen eingehen wollte, hat nicht an Aktualität eingebüßt:
„Nach Ablauf von 55 Jahren seit Kriegsende und Jahrzehnten friedlicher, vertrauensvoller und fruchtbarer Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit der internationalen Staatengemeinschaft hat die Reparationsfrage ihre Berechtigung verloren. Deutschland hat seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges in hohem Maße Reparationsleistungen erbracht, die die betroffenen Staaten nach allgemeinem Völkerrecht zur Entschädigung ihrer Staatsangehörigen verwenden sollten. Allein durch Wiedergutmachung und sonstige Leistungen wurde ein Vielfaches der ursprünglich auf der Konferenz von Jalta ins Auge gefassten Reparationen in Höhe von 20 Mrd. US-Dollar erbracht. Im Übrigen wären Reparationen über 50 Jahre nach Ende der kriegerischen Auseinandersetzung in der völkerrechtlichen Praxis ein Sonderfall ohne jede Präzedenz.“ (Das vollständige Dokument finden Sie hier).