Griechenlands Reparationsforderungen Das Geld aus Deutschland kam nie an

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Adenauer gewährte Griechenland ein Zins-Privileg

In der Londoner Schuldenkonferenz von 1952 einigten sich 20 Gläubigerstaaten – inklusive Griechenland – mit der jungen Bundesrepublik darauf, die Prüfung ihrer Reparationsforderungen „bis zur endgültigen Regelung“ zurückzustellen. Damit war ein Friedensvertrag gemeint. Den ersetzte dann der Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990, in dem die Siegermächte ausdrücklich keine Reparationsforderungen mehr erhoben. Dem Vertrag stimmten alle KSZE-Staaten, auch Griechenland, zu.

Griechenland war zuvor durchaus nicht leer ausgegangen. Die Bundesrepublik hatte in den 1950er und 1960er Jahren mehrere bilaterale Entschädigungsabkommen mit Staaten geschlossen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gelitten hatten. 1958 wurde ein deutsch-griechisches Abkommen unterzeichnet, dass einen Kredit von 200 Millionen DM und einer Laufzeit von 20 Jahren vorsah.

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Pikant dabei: Bundeskanzler Konrad Adenauer gewährte den Griechen mit einem Trick an der Öffentlichkeit und dem Bundestag vorbei einen tatsächlichen Zinssatz von nur vier Prozent, während offiziell von sechs Prozent die Rede war. Dazu kamen noch 3 Millionen DM jährlich als Geschenk an den griechischen Staat, sowie weitere Entwicklungshilfeprojekte und ein zinsgünstiger Kredit der bundeseigenen KfW-Bank von 150 Millionen DM. Insgesamt erhielt Griechenland von 1956 bis 1963 deutsche Zahlungen im Wert von etwa einer Milliarde Mark, wie die Historikerinnen Katerina Kralova und Nikola Karasova errechnet haben.

Großteil des Geldes erreichte die Opfer nie

Wie andere Länder, die unter den Nazis gelitten hatten, bekam Griechenland auch so genannte „Wiedergutmachung“, die an die Opfer individuell ausgezahlt werden sollte. Und zwar 115 Millionen Mark entsprechend einem Abkommen von 1960. Die Verteilung dieses Geldes übernahm der griechische Staat. Historiker Richter schätzt, dass etwa drei Viertel dieses Geldes nie die Opfer erreichte, sondern „in den Taschen von Politikern“ landete.

Die deutsche Seite ging davon aus, dass durch diesen Vertrag alle Endschädigungsfragen abschließend geregelt waren. Dennoch kommen seit den 1990er Jahren immer wieder neue Forderungen aus Griechenland auf. 1997 verurteilte ein griechisches Gericht die Bundesrepublik zu 55 Millionen Euro Schadenersatz für die Opfer des SS-Massakers von Nostromo, beziehungsweise deren Nachkommen.

Es folgte ein jahrelanger diplomatischer Streit, da die Bundesregierung dieses Urteil aus völkerrechtlichen Gründen nicht anerkannte. Die Antwort der damaligen rot-grünen Bundesregierung auf eine Anfrage der PDS, die – wie heute ihre Nachfolgepartei „Die Linke“ – auf die Reparationsforderungen eingehen wollte, hat nicht an Aktualität eingebüßt:

„Nach Ablauf von 55 Jahren seit Kriegsende und Jahrzehnten friedlicher, vertrauensvoller und fruchtbarer Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit der internationalen Staatengemeinschaft hat die Reparationsfrage ihre Berechtigung verloren. Deutschland hat seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges in hohem Maße Reparationsleistungen erbracht, die die betroffenen Staaten nach allgemeinem Völkerrecht zur Entschädigung ihrer Staatsangehörigen verwenden sollten. Allein durch Wiedergutmachung und sonstige Leistungen wurde ein Vielfaches der ursprünglich auf der Konferenz von Jalta ins Auge gefassten Reparationen in Höhe von 20 Mrd. US-Dollar erbracht. Im Übrigen wären Reparationen über 50 Jahre nach Ende der kriegerischen Auseinandersetzung in der völkerrechtlichen Praxis ein Sonderfall ohne jede Präzedenz.“ (Das vollständige Dokument finden Sie hier).

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