Großbritannien Der Wahltermin-Trick – und wie er den Brexit verhindern soll

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Brexit-Befürworter könnten Johnson abstrafen und Farage wählen

Diesmal könnte die Konkurrenz von rechts Johnson das Leben schwer machen. Viele Brexit-Unterstützer könnten Johnson dafür abstrafen, dass es ihm nicht gelungen ist, das Land bis zum 31. Oktober aus der EU zu führen. Das hatte er in den vergangenen Wochen etliche Male versprochen.

Sie könnten ihre Stimme stattdessen der Brexit Party des Rechtspopulisten Nigel Farage geben. Dass die bei den Europawahlen im Mai haushoch abgeräumt hat und zur stärksten Partei geworden ist, lässt sich sicher nicht auf Unterhauswahlen übertragen. Aber im britischen Mehrheitswahlrecht könnte die Brexit Party Johnson in zahlreichen Tory-Wahlkreisen genügend Stimmen kosten, damit eine andere Partei den Sitz gewinnt.

Auf der anderen Seite sieht es allerdings im Moment nicht viel anders aus. Denn die Liberaldemokraten, die noch vor wenigen Monaten als politisch erledigt galten, wittern Morgenluft. Für sie scheint es sich auszuzahlen, dass sie sich als klare Brexit-Gegner positioniert haben: Sie liegen in Umfragen derzeit bei 18 Prozent, gerade einmal sechs Prozent hinter Labour. Falls sich beide Parteien nicht noch auf eine Zusammenarbeit oder gar eine Allianz verständigen, könnten auch sie sich in vielen Wahlkreisen neutralisieren.

Dabei gibt es inhaltliche Überschneidungen. So sprechen sich beide Parteien prinzipiell für ein weiteres Referendum aus. Bislang vertritt Labour noch die Position, im Fall eines Wahlsieges einen neuen, weniger harten Brexit mit der EU auszuhandeln und diesen anschließend den Briten zur Abstimmung vorzulegen. Die Liberaldemokraten hätten am liebsten sofort ein zweites Referendum. Vielleicht gibt Labour-Chef Jeremy Corbyn dem Druck der zahlreichen Brexit-Gegner in seiner Partei nach und stimmt einem zweiten Referendum vor neuen Brexit-Verhandlungen zu.

Und da könnten sich die EU-Befürworter durchsetzen: In einer Umfrage erklärten kürzlich 57 Prozent der Befragten, das EU-Referendum 2016 hätte besser nie abgehalten werden sollen. Nur 29 Prozent gaben an, es sei richtig gewesen, die Briten über den Austritt aus der EU entscheiden zu lassen.

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