Hariri bei Macron in Paris Eklat zwischen Berlin und Saudi-Arabien

Nach tagelangen Spekulationen ist der libanesische Regierungschef von Saudi-Arabien aus nach Frankreich gereist. Öffnet das einen Ausweg aus der politischen Krise im Libanon?

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Libanons Premierminister Saad Hariri und der französische Präsident Emmanuel Macron. Quelle: AP

Nach tagelangen Spekulationen um das Schicksal des libanesischen Regierungschefs Saad Hariri ist der 47 Jahre alte Premier in Frankreich eingetroffen. Er wurde am Samstag vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Élyséepalast in Paris empfangen. In der Nacht zuvor war Hariri von Saudi-Arabien, wo er seinen Rücktritt erklärt hatte, nach Paris geflogen. Am Mittwoch wird er im Libanon zurückerwartet. Zwischen dem saudischen Königreich und Deutschland kam es indes zum Eklat wegen kritischer Äußerungen von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Riad rief seinen Botschafter aus Berlin zu Konsultationen zurück und kündigte eine Protestnote an - das Auswärtige Amt verteidigte sein Vorgehen in der Region jedoch.

Die Einladung Hariris nach Paris ist der Versuch, einen Ausweg aus der politischen Krise zu finden, in die seine völlig überraschende Rücktrittserklärung von Saudi-Arabien aus den Libanon gestürzt hatte. Der Ministerpräsident hatte dabei Angst vor einem Anschlag als Grund genannt und der einflussreichen Schiitenmiliz Hisbollah sowie ihrer Schutzmacht Iran vorgeworfen, Unruhe in der Region zu schüren. Saudi-Arabien und der Iran ringen um Einfluss in der Region.

Hariri hatte die Golfregion seit der völlig überraschenden Erklärung nicht verlassen. Es gab deshalb Spekulationen, Saudi-Arabien habe seinen Rückzug erzwungen und ihn festgehalten, um Spannungen mit der Hisbollah zu erzeugen - was Riad und Hariri jedoch zurückwiesen.

Nach libanesischen Angaben soll Hariri in wenigen Tagen in sein Heimatland zurückkehren. Dies gilt als Voraussetzung für eine Lösung der Krise. Der 47-Jährige habe Präsident Michel Aoun darüber informiert, dass er am Mittwoch - dem libanesischen Unabhängigkeitstag - in die Hauptstadt Beirut reisen werde, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur NNA. Dort werde er auch an Feierlichkeiten teilnehmen. Aus Élyséekreisen hieß es, Aoun habe dieses Datum auch bei einem Telefonat mit Macron genannt.

Nach einem Gespräch Macrons mit Hariri trafen auch die Frau und ein Sohn des Politikers für ein gemeinsames Mittagessen im Élyséepalast ein. Libanesische Medien hatten zuvor berichtet, dass zwei weitere Kinder Hariris nicht mit ihm aus Saudi-Arabien angereist seien. Sie beriefen sich dabei auf Mitarbeiter des Ministerpräsidenten. Einige Beoachter hatten befürchtet, dass Hariri von Saudi-Arabien erpressbar sei, sollten seine Kinder im Königreich bleiben.

Als Reaktion auf die saudische Kritik an Berlin teilte das Auswärtige Amt am Samstag mit: „Wir haben angesichts der aktuellen Lage große Sorge über die Stabilität in der Region und rufen alle Seiten zum Abbau der Spannungen auf.“ Dies offen anzusprechen, sei „unter engen internationalen Partnern möglich und selbstverständlich“. „Wir richten unsere Botschaft an alle Akteure der Region.“

Gabriel hatte am Donnerstag unter anderem angesichts der Spekulationen über Hariri gefordert, „dass gemeinsam aus Europa das Signal kommen muss, dass wir das Abenteurertum, was sich in den letzten Monaten dort breit gemacht hat, nicht mehr bereit sind, einfach sprachlos hinzunehmen“. Nach der humanitären Krise durch den Krieg im Jemen und dem Konflikt mit dem Golfemirat Katar sei mit der Art und Weise, „wie mit dem Libanon umgegangen wird“, nun die Spitze erreicht.

Paris hatte sich in den vergangenen zwei Wochen mit zahlreichen diplomatischen Kontakten in die Krise eingeschaltet, unter anderem war Macron selbst nach Riad gereist. Er hatte Hariri schließlich „für einige Tage“ nach Frankreich eingeladen. Frankreich hat als frühere Mandatsmacht traditionell enge Kontakte zum Libanon, auch die Familie Hariri hat enge Beziehungen zu den Machtzirkeln in Paris.

Hariri ist trotz seiner Rücktrittserklärung rechtlich noch immer der Regierungschef des Libanons, weil er seinen Rücktritt bislang nicht offiziell in Beirut eingereicht und auch Präsident Aoun den Schritt nicht akzeptiert hat.

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