
WirtschaftsWoche: Herr Solms, die Herabstufung des Ausblicks auf „negativ“ durch die Ratingagentur Moody’s ist ein klares Signal: Weitere Lasten kann Deutschland nicht schultern. Ist die Rettungspolitik an ihre Grenzen gelangt?
Otto Solms: Ich habe schon bei der Verabschiedung des ersten Griechenland- Paketes im Deutschen Bundestag am 7. Mai 2010 zu Protokoll gegeben: Diese Hilfe muss eine einmalige Ausnahme sein, weil durch sie das Verbot des Stabilitätspaktes zur gegenseitigen Budgethilfe, das Bail-out-Verbot, durchbrochen wird. Eine Stabilisierung der Euro-Zone kann nur erreicht werden, wenn die Staaten die eigentliche Ursache der Krise, das Schuldenmachen, beenden. Sonst nützen alle Hilfsprogramme nichts. Einige Länder haben das eingesehen und Fortschritte erzielt, wie Irland und Portugal. Einige sind dabei, wie Spanien oder Italien. Das zeigt: Der Weg ist hart, aber er ist gangbar und Erfolg versprechend.
Griechenland macht kaum Fortschritte.
Griechenland hat niemals die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Währungsunion erfüllt. Dieser Meinung war ich schon bei der Aufnahme Griechenlands während der rot-grünen Regierung im Jahre 2001. Trotzdem habe ich dem ersten Rettungspaket zugestimmt, um für Griechenland Zeit zu gewinnen, die Schuldenpolitik zu beenden und die Wettbewerbsfähig- keit der Wirtschaft wiederherzustellen. Offenkundig haben die verflossenen zweieinhalb Jahre nicht gereicht, Griechenland auf die Erfolgsspur zu bringen.





Könnte es die Bundesregierung überhaupt wagen, noch ein Hilfspaket im Bundestag zur Abstimmung zu stellen?
Wenn das Urteil der Troika nicht absolut positiv ausfällt und Griechenland die selbst eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt, kann es keine weiteren Zahlungen geben. Ich sehe auch keine Mehrheit im Bundestag für ein drittes Paket. Wenn hier erneut nachgegeben würde, läge darin auch das falsche Signal für die Länder, die sich gegenwärtig durch harte und vielfach unpopuläre Maßnahmen bemühen, Stabilität in ihre Finanzpolitik zu bringen. Das wäre auch den Steuerzahlern in den übrigen Unionsländern nicht mehr zuzumuten.
Dann ist Griechenland in vier Wochen pleite und tritt aus dem Euro aus.
Wenn Griechenland die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt, sehe ich keine andere Möglichkeit, als dass es die Euro-Zone verlässt und eine eigene Währung einführt, um durch eine schnelle Abwertung die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zurückzugewinnen.