Gutmann hatte Glück: Da er den Nachlass von Johanna Aiple abgewickelt hat, hatte er viele Unterlagen von Johanna noch daheim. Was ihm aber fehlte, waren die Dokumente zum Erbfall Elisabeth. Er musste beweisen, dass Johanna die Alleinerbin war und der Erbengemeinschaft Johanna Aiple folglich das Geld von Elisabeth zustünde.
Elisabeths Testament besorgte er also beim Notariat der Stadt. Zunächst dachte er, dass er es in Haslach bekäme, die Mitarbeiter schicken ihn aber nach Gegenbach – denn dort ist die alte Dame verstorben. Wer den letzten Willen des Verstorbenen einsehen will, sollte also am Sterbeort nachforschen. Gutmann schrieb einen freundlichen Brief. Als ehemaliger Kämmerer der Stadt Haslach kennt er bis heute viele Leute. „Die Antwort kam sehr schnell“, freut er sich. Bald hatte er das Testament und den Erbschein in Händen.
Als nächstes musste er zum Standesamt. Dort besorgte er die Sterbeurkunde. Auch das war einfach – so heißt es auf der Internetseite der Stadt Haslach, dass man Urkunden „formlos“ beantragen könne: persönlich auf dem Standesamt des Sterbeortes oder telefonisch beziehungsweise schriftlich, etwa per Fax oder Mail. Viel Geld musste Gutmann auch nicht in die Hand nehmen: „Maximal ein paar Euro plus Porto – der größte Aufwand bestand darin, zu recherchieren, wo es welche Unterlagen gibt und sie dann zu beantragen“, sagt er.
Wer noch keinen Erbschein hat, bekommt ihn beim Nachlassgericht – unter Vorlage der Sterbeurkunde. Wer etwa in Düsseldorf einen Erbschein beantragen will, soll außerdem auch Personenstandsurkunden wie Geburts- und Eheurkunden oder das Familienstammbuch mitbringen.
Erst, als Gutmann alle Unterlagen zusammenhatte, konnte es im Frühjahr so richtig losgehen: Da er mit seinen 70 Jahren mit Computern nicht so bewandert ist, übergab er der WirtschaftsWoche die gesammelten Unterlagen und eine Vollmacht. Die Redaktion digitalisierte die Unterlagen am Scanner, benannte die Dokumente jeweils richtig und füllte den Antrag für Gutmann aus. Das dauerte etwa 30 Minuten. Dabei war es wichtig, alle Unterlagen griffbereit auf dem Computer zu haben -, denn wenn man beim Ausfüllen des Antrags länger als 30 Minuten nichts eingegeben hatte, musste man neu beginnen.
Ab jetzt konnte es Monate dauern.
Gutmann hatte Glück: Schon zwei Wochen später meldete sich die UBS. Treffer! Die Bank bestätigte in einem kurzen Brief, dass Gutmann als Erbe der Verstorbenen berechtigt sei, Auskünfte zu erlangen. Einen „aktuellen Vermögensausweis“ legte die UBS bei. Elisabeth Aiple hatte offenbar als junge Frau ein Sparbuch bei der Sparkasse Basel eingerichtet – eine Bank, die die UBS später übernommen hat. So wurde Elisabeth Aiple Kundin der UBS. Ob die Dame das Geld einfach vergessen hat oder es als eiserne Reserve halten wollte? Dieses Geheimnis hat sie mit ins Grab genommen.
Bevor die UBS das Geld auszahlen könne, schrieb die Bank an Gutmann, benötige sie eigentlich die Unterlagen im Original oder aktuelle, beglaubigte Kopie. „Um das weitere Vorgehen aber zu vereinfachen“, schrieb die UBS, sei die Bank bereit, die einfachen Kopien zu akzeptieren. „Im Gegenzug bitten wir Sie aber, die beiliegende Schadloserklärung“ zu unterschreiben und an die Bank zu senden. Außerdem sollte Gutmann eine Verlusterklärung für das „Original Sparheft Nr. 49932“ unterzeichnen.