Hilfszahlungen Griechenland erhält weitere 1,1 Milliarden Euro

Griechenland bekommt die nächste Geldspritze: Die Euro-Finanzminister haben am Montagabend den Weg freigemacht für eine weitere Rate. Über den größeren Teil des Geldes soll aber erst später entschieden werden.

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Griechenland bekommt weiterer 1,1 Milliarden Euro aus dem Europäischen Retttungsfond. Quelle: dpa

Die Finanzminister der Euro-Zone haben den Weg freigemacht für die Auszahlung einer weiteren Rate von Hilfsgeldern an Griechenland in Höhe von zunächst 1,1 Milliarden Euro. Die Eurogruppe verständigte sich am Montag auf einem Treffen in Luxemburg nach Überprüfung von wichtigen Reformauflagen darüber, dass der Rettungsfonds ESM einen Teil der nächsten Tranche an das hochverschuldete Land überweisen kann.

Zur Diskussion bei dem Treffen hatte eigentlich die Auszahlung von insgesamt 2,8 Milliarden Euro gestanden. Über die verbleibenden 1,7 Milliarden Euro soll aber erst später entschieden werden.

Die Finanzminister bescheinigten nach ihrem Treffen dem Land Fortschritte bei der Umsetzung von 15 wichtigen Reformschritten im Zuge der ersten Überprüfung des Hilfsprogramms. Das laufende dritte Rettungspaket für das schuldengeplagte Land hat insgesamt ein Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro.

Es wird derzeit allein von den europäischen Ländern geschultert. Im Juni hatte Griechenland bereits eine erste Tranche von 7,5 Milliarden Euro erhalten. Das Rettungspaket koppelt die Hilfsgelder an die Umsetzung strenger Reformauflagen. Darunter sind auch politisch schwierige Themen wie die Privatisierung von Staatsbetrieben, Reformen des Renten- und Steuersystems und ein Umbau des Energiesektors.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erwartet, dass auch die verbleibenden 1,7 Milliarden Euro aus der Tranche freigegeben werden können, wenn das Land noch im Oktober fehlende Angaben zur Begleichung von Zahlungsrückständen liefert. Dabei geht es um Angaben für den Monat September. Es brauche Zeit, diese Daten zu sammeln, sagte Dijsselbloem und äußerte sich zugleich optimistisch: "Wir sind ganz zuversichtlich, dass sie gut ausfallen werden."

Wachstumsstrategien für Europa
François Hollandes Mission lässt sich auf einen kurzen Nenner bringen: Wachstum. Der neue französische Präsident hat sich zum Ziel gesetzt, Europa die seiner Meinung nach einseitige Ausrichtung auf die Sanierung der Staatsfinanzen auszutreiben und den Kontinent damit aus der Wirtschaftskrise zu führen. Das Thema ist keine Erfindung Hollandes - die EU-Regierungschefs haben sich immer wieder damit beschäftigt, wie der Kontinent Rezession und Arbeitslosigkeit entrinnen kann. Aber die Debatte um die richtige Strategie erhält durch die Wahl des Sozialisten eine ganz neue Dynamik. Quelle: dpa
Die Leitfrage dabei lautet: Wie lässt sich die Wirtschaft ankurbeln, ohne dafür viel Geld in die Hand zu nehmen? Schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme gelten nicht als Option - schließlich sind die Staatskassen leer. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso propagiert daher, "auf wachstumsfreundliche Art und Weise zu sparen". Nach Ansicht vieler Ökonomen lässt sich die Konjunktur nur dann ankurbeln, wenn Wirtschafts- und Finanzpolitiker sowie Notenbanker einige bislang als unantastbar geltende Prinzipien aufgeben. Quelle: dpa
1. Weniger SparenDie heftigen Sparprogramme in Griechenland, Spanien, Italien und Co. sind nach ihrer Einschätzung Teil des Problems, nicht Teil der Lösung: „Der derzeitige Austeritätskurs ist zu hart“, sagt der Chef des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn. Die Sparziele sollten auf vier bis fünf Jahre gestreckt werden. Ähnlich argumentiert Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank: „Wer Wachstum will, darf die Austeritätspolitik in den Krisenländern nicht übertreiben.“ Quelle: dapd
Barroso setzt dabei unter anderem auf die von ihm vorgeschlagenen Projektbonds. Damit will die EU-Kommission dieses und nächstes Jahr private Investitionen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr und Energie anstoßen. Die EU selbst soll die privaten Investitionen mit 230 Millionen Euro ins Rollen bringen. Quelle: dapd
2. Unkonventionelle GeldpolitikDie Europäische Zentralbank kann nach Auffassung von Ökonomen mehr für das Wachstum tun. Die EZB sei deutlich restriktiver als die Notenbanken in vielen anderen Industrieländern, betont etwa Patrick Artus, Chefvolkswirt der französischen Investmentbank Natixis. So seien die kurz- und langfristigen Zinsen nach Abzug der Inflationsrate deutlich höher als in den USA oder Großbritannien. Um Abhilfe zu schaffen, könnte die EZB die Leitzinsen von derzeit einem Prozent auf die Untergrenze von null senken - so, wie es die Zentralbanken in den USA und in Großbritannien schon vor mehreren Jahren getan haben. Quelle: dpa
Noch wichtiger ist nach Ansicht vieler Beobachter aber, dass die EZB die Panik auf dem Markt für Staatsanleihen bekämpft - indem sie signalisiert, dass sie im äußersten Notfall als Käufer agiert. Europas Kernproblem sei die Gefahr, dass die kleineren Länder größere Staaten wie Italien anstecken, so Schmieding. „Das Risiko einer Finanzmarktpanik könnte die EZB mit solch einer Ankündigung in den Griff bekommen“, glaubt der Volkswirt. An den Finanzmärkten würden die Risikoaufschläge sinken, Staaten wie Unternehmen könnten sich leichter refinanzieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde die EZB eine solche Ankündigung gar nicht einlösen müssen, sagt IMK-Chef Horn: „Das ist wie im Kalten Krieg: Da hat es gereicht, seine Atomwaffen zu zeigen.“ Quelle: Reuters
3. Sanierung der BankenEin stabiles, funktionierendes Bankensystem ist Grundvoraussetzung für eine prosperierende Volkswirtschaft - viele Geldinstitute in der Euro-Zone gehen aber nach wie vor am Stock und zaudern bei der Vergabe von Krediten. „Wir brauchen dringend eine Sanierung und Rekapitalisierung der Banken“, betont Oxford-Professor Clemens Fuest. „So kann die Politik einen katastrophalen Absturz der europäischen Wirtschaft verhindern.“ Zudem brauche die Währungsunion eine einheitliche Bankenaufsicht und Regeln dafür, wie in Schieflage geratene Banken saniert werden. Quelle: Reuters

Die EU-Kommission hatte dem Ägäis-Staat zuvor Fortschritte bei der Reformumsetzung bescheinigt. Alle 15 Zielmarken seien erfüllt worden, hatte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici zu Journalisten vor Beginn des Finanzminister-Treffens gesagt.

Die Eurogruppe richtet nun den Blick nach vorne auf die nächsten Stufen des Hilfspakets. Sie rief das Land auf, die Reformen voranzutreiben, die für den Abschluss der zweiten Überprüfung des Hilfsprogramms notwendig sind. Dies ist auch eine wichtige Voraussetzung für den Beginn von Gesprächen über Schuldenerleichterungen, die für das Land vereinbart wurden.

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