
Die Reformen von Italiens Ministerpräsident Mario Monti zahlen sich erstmals aus. Dank der wieder eingeführten Immobiliensteuer Imu sind die Steuereinnahmen trotz der schlechten Konjunktur in die Höhe geschossen. Im Juni nahm Italien 9,5 Milliarden Euro von Hausbesitzern ein. Für das Gesamtjahr rechnet die Regierung laut dem Wirtschaftsministerium mit weiteren Einnahmen von mehr als zehn Milliarden Euro.
Auch insgesamt sind die Steuereinnahmen besser als im vergangenen Jahr, obwohl das Land unmittelbar vor einer Rezession steckt. In den ersten fünf Monaten hat der italienische Fiskus knapp 150 Milliarden Euro eingenommen, 2,5 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2011.
Die Folge: Italien verzichtet auf eine geplante Auktion von mittel- bis langfristigen Anleihen im August. Für den Stiefelstaat, der seit Monaten Zinsen um die sechs Prozent für zehnjährige Anleihen zahlen muss, kommt die Atempause gelegen.
Für eine Entwarnung ist es zu früh
Für Monti sollte das Ergebnis Ansporn sein, weitere Reformen durchzuführen. Doch es hakt. Insbesondere die Umwälzungen des Arbeitsmarktes. Doch insbesondere die Arbeitsmarktreform ist von den politischen Partnern zerpflückt worden. Für eine Entwarnung ist es daher viel zu früh.
Wissenswertes über Italien
Das Klima und die mediterrane Küche sind wohl ausschlaggebend für die hohe Lebenserwartung der Italiener. In Europa führen sie die Liste aller OECD-Staaten an, weltweit belegen sie den zweiten Platz. Die Lebenserwartung beträgt bei Frauen circa 83 Jahre, bei Männern 78 Jahre. Ungefähr 19 Prozent der Italiener sind älter als 65 Jahre.
Dennoch ist auch im Stiefelstaat der Trend zum Übergewicht festzustellen. Italien hat der adipösen Gesellschaft den Kampf angesagt und so gibt es in Italien einige Krankenhäuser, die sich ausschließlich um fettleibige Patienten kümmern.
Der Süßwarenfabrikant Michele Ferrero ist der reichste Mann Italiens. Sein Vermögen wird auf 17 Milliarden Dollar geschätzt. Leonardo Del Vecchio, Gründer von Luxottica, folgt auf Rang zwei.
Die italienische Landwirtschaft spielt insgesamt keine große Rolle. In zwei Bereichen sind die Italiener dennoch Weltspitze: So produzierte das Land 2010 rund 44,8 Millionen Hektoliter Wein. Nur Frankreich stellt mehr Wein her. Außerdem ist Italien, nach Spanien, der zweitgrößte Erzeuger von Olivenöl.
Italiens Handelspartner befinden sich in direkter Nähe zu dem Land. Deutschland ist der wichtigste Partner, gefolgt von Frankreich. Italiens Produkte erfreuen sich besonders in Großbritannien, Spanien und den USA großer Beliebtheit. Importiert wird aus den Niederlanden, China, Libyen und Russland.
Eindeutig Brillen herstellen! Denn Luxottica, mit Sitz in Agordo (Provinz Belluno) ist der weltgrößte Brillenhersteller. Seit 1995 kauft das italienische Unternehmen US-Marken wie Ray-Ban und Oakley auf.
Mailand, Turin und Genua sind die größten Wirtschaftszentren Italiens. Sie sind Teil des europäischen Wirtschaftsraumes, der durch neun Länder führt und "Blaue Banane" heißt. Zentrale Einrichtungen der Europäischen Union und 20 Weltstädte befinden sich in der Zone. Hier sind die Bevölkerung, die Wirtschaft, das Kapital und die Infrastruktur sehr gut verwoben und bilden somit eine wirtschaftliche Achse Europas. Vergleichbar ist dieser Wirtschaftsraum mit BosWash in den USA.
Kuriose Gesetze sind in Italien keine Seltenheit. So müssen Hunde dreimal täglich Gassi gehen. Die Polizei darf sich bei den Nachbarn auch erkundigen, ob dies eingehalten wird. Hohe Geldstrafen sind ausgesetzt, wer sich nicht an die Gesetze halten will. Wer sich in der Lombardei abends auf einer Bank ausruhen will, muss sich vergewissern, dass nicht mehr als drei Personen Platz nehmen. Denn in einem öffentlichen Park ist dies streng reglementiert.
Italien ist das Land mit den meisten Welterbestätten. Italien ist in Besitz von 100.000 Denkmälern. Darunter befinden sich nicht nur Kirchen, Galerien und Schlösser. Auch archäologische Funde, Brunnen und Villen fallen unter den Denkmalschutz.
Die Jobchancen für junge Italiener sind weiterhin unverschämt schlecht, denn der Arbeitsmarkt bleibt streng reguliert, der Kündigungsschutz ist rigide und es gibt nach wie vor Kollektivverträge, die es den Arbeitgebern erheblich erschwert haben, flexibel auf Konjunkturdellen zu reagieren.
„Die jungen Italiener leiden vor allem darunter, dass es keine duale Ausbildung gibt. Das Bildungssystem ist sehr theoretisch“, sagte Norbert Pudzich, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Italienischen Handelskammer mit Sitz in Mailand im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online Anfang Juli.
Monti gibt das Finanzressort ab
Spanien, das ebenfalls gegen eine hohe Jugendarbeitslosigkeit kämpft, ist bereit – anders als Italien -, das Problem bei der Wurzel zu packen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan trifft sich heute mit spanischen Politikern, um die Stärken des dualen Ausbildungssystems zu erläutern.
Auf Monti und seine Regierungstruppe wartet also trotz der sprudelnden Steuereinnahmen viel Arbeit. Um diese zu bewältigen, baut der Premier sein Kabinett. Der bisherige Vize-Finanzminister Vittorio Grilli wird das Finanzressort übernehmen. Der 55-Jährige soll Monti ablösen, der bisher nicht nur Regierungschef, sondern auch Finanzminister war. Monti wechselt an die Spitze eines Minister-Komitee ein, welches die Finanz- und Wirtschaftspolitik Italiens koordinieren soll. Dem Komitee gehören auch der neue Finanzminister Grilli sowie der Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Corrado Passera, an.