




Es ist eine böse Woche für Silvio Berlusconi. Zuerst musste er, den Tränen nahe, von seinem Schlachtplan Abstand nehmen, Regierungschef Enrico Letta zu stürzen. Rebellen aus seiner Partei PdL (Volk der Freiheit) standen erstmals gegen ihn, den Leitwolf der italienischen Rechten, auf und verweigerten den Gehorsam. Und jetzt droht seine Karriere als Parlamentarier rasch zu Ende zu gehen - der Immunitätsausschuss des Senats spricht sich dafür aus, dem Cavaliere das Mandat zu entziehen. Dabei hatte Berlusconi alles getan, um diesen Schlag für seine politische Zukunft noch zu verhindern.
Der Mailänder Medienzar und Milliardär, der immer wieder mit Skandalen und Frauengeschichten Schlagzeilen macht, steht so vor dem Rauswurf aus dem Senat. Er war im August im Mediaset-Prozess - nach einer langen Reihe von juristischen Verfahren gegen ihn - erstmals rechtskräftig verurteilt worden war. Böse Zungen in Rom meinten zu seiner gescheiterten Frontalattacke auf Letta, damit wollte er nur den Rausschmiss aus dem Senat vereiteln oder zumindest auf die lange Bank schieben. Das hat Berlusconi jedenfalls nicht geschafft. Das Senatsplenum dürfte Mitte Oktober die Abstimmung über ihn ansetzen. Bisher spricht nichts dafür, dass er diese politisch überlebt.
Dabei sind derzeit auch mehrere andere Verfahren gegen ihn noch nicht letztinstanzlich abgeschlossen oder könnten eröffnet werden. Dazu gehört vor allem der „Ruby“-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch. Ein Prozess wegen Bestechung eines Senators könnte bald dazukommen. In diesen ersten Wochen des Monats Oktober muss der Cavaliere zudem noch sagen, ob er die Strafe aus dem Betrugsprozess lieber in Sozialarbeit umwandeln oder aber im Hausarrest in einer seiner Luxusvillen absitzen will - weil er doch betagt ist, muss Berlusconi (77) in jedem Fall nicht hinter Gitter.
Ein weiteres Damoklesschwert schwebt über dem Mann, der fast zwei Jahrzehnte lang den Stiefelstaat politisch geprägt hat. Denn Richter müssen noch neu entscheiden, wie lange er wegen des Betrugsurteils gar keine öffentlichen Ämter bekleiden darf. Und das dem dreimaligen Ministerpräsidenten, der immerhin 3340 Tage im Regierungspalazzo Chigi im Herzen Roms verbracht hat - so lange wie kein anderer!
Und immer macht er die Linke und die verhassten „roten“ Richter und Staatsanwälte für seine großen Probleme verantwortlich, denn sie wollten ihn politisch kaltstellen. So auch in dem Verfahren, das ihm das rechtskräftige Urteil einbrachte. Deshalb beschloss er, jetzt europäische Richter in Straßburg mit seinem Fall zu beschäftigen.
Seine Sexskandale konterte Berlusconi mit saloppen Sprüchen über seine Potenz. Italien wurde so international zum „Bunga-Bunga“-Land abgestempelt. Im „Ruby“-Prozess wurde er Ende Juni in erster Instanz zu sieben Jahren Haft verurteilt. Denn in der Justiz - wie auch in der Politik - kommen seine sprachlichen Patzer nicht immer so gut an.