Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Insiderinformation EZB untersucht Kommunikationspanne

Bei einem Dinner waren einige Großanleger vorab durch EZB-Direktor Benoît Cœuré über das vorgezogene Anleihekaufprogramm informiert worden und hatten so Vorteile erhalten. Nun will die EZB den Vorfall untersuchen.

  • Artikel teilen per:
  • Artikel teilen per:
EZB Quelle: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) untersucht ihre Kommunikationspanne. „Wir untersuchen unsere Praxis und das, was diese Woche passiert ist, eifrig und werden, wenn wir es für nötig erachten, weitere Schritte unternehmen“, teilte die EZB der WirtschaftsWoche auf Nachfrage mit. Die Zentralbank hatte eine wichtige Rede von EZB-Direktor Benoît Cœuré mit kapitalmarktrelevanten Informationen erst einen halben Tag zu spät veröffentlicht.

Euro-Kurs in Dollar

Die Rede hatte Cœuré  am Montagabend bei einem Dinner in London gehalten. Er sprach vor Notenbankern, anwesend waren laut Programm aber auch Mitarbeiter von Starinvestor George Soros, der Citigroup und der Versicherung Generali. Sie dürften gestaunt haben, als Cœuré vortrug, die EZB sei sich bewusst, dass die Liquidität am Rentenmarkt in den Sommermonaten schwach sei. Die EZB werde daher ihren Kauf von Anleihen im Mai und Juni anpassen, um „in der Ferienzeit weniger kaufen zu müssen“. Sprich: milliardenschwere Anleihekäufe vorziehen. Da die Finanzmärkte am billigen Geld hängen, war die Information kursrelevant.

Allein: Der breiten Öffentlichkeit publik wurde die Rede erst am nächsten Morgen. Die Märkte reagierten sodann heftig: Der Dax legte gut zwei Prozent zu, der Euro verlor zum US-Dollar knapp 1,5 Prozent (siehe Chart). Wer schon abends informiert war, konnte sich vorab richtig positionieren. Bemerkenswert: Die Märkte reagierten noch während der Rede in auffälliger Weise. Anwesende könnten also noch während der Rede gehandelt haben. Es dürfte das Geschäft ihres Lebens gewesen sein. Währungswetten etwa laufen üblicherweise mit großem Hebel -, wer richtig liegt, dessen Gewinne vervielfachen sich.

Die Ausrede der EZB klang dann auch wenig überzeugend: Die Rede sollte eigentlich schon abends veröffentlicht werden, ein Fehler habe dies aber verzögert. Eine erste Konsequenz hat die EZB unterdessen schon gezogen: Journalisten bekommen Reden von der EZB nicht mehr vorab. Solche Reden wurden bislang mit einer Sperrfrist versehen, damit alle Medien die Inhalte zeitgleich veröffentlichen konnten. Diese Praxis war eigentlich dazu gedacht, dass Journalisten genug Zeit haben, die Inhalte zu bearbeiten.

Laut EZB hat diese Entscheidung allerdings nichts mit der Kommunikationspanne zu tun. Man habe das schon seit „einigen Monaten“ in Erwägung gezogen. Die Entscheidung ermögliche nun den größtmöglichen und zeitgleichen Zugang zu EZB-Reden für alle.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%