




Von der Anfangseuphorie ist nichts mehr geblieben. Der Fiskalpakt sollte ursprünglich ein wichtiges Signal senden: an zweifelnde Investoren, den notorisch skeptischen Märkten und auch an die verunsicherten EU-Bürger. „Wir wollen deutlich machen, dass wir ein starkes, modernes und wettbewerbsfähiges Europa wollen. Jeder ist dazu bereit“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang Januar als sie gemeinsam mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ihre Pläne zum Fiskalpakt vorstellte.
Doch von den hehren Zielen ist nicht mehr viel geblieben. Großbritannien und Tschechien lehnen den Pakt zu mehr Haushaltsdisziplin ab, Irland lässt das Volk über eine Ratifizierung abstimmen – und nun diskutiert auch die Niederlande, ob sie dem Fiskalpakt zustimmen werden. Führende Mitglieder der Arbeitspartei erklärten nun, sie würden dem Pakt nur dann zustimmen, wenn die Niederlande mehr Zeit zum Schuldenabbau bekomme. Die Regierung um den rechtsliberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte ist auf die Opposition angewiesen, weil sie mit ihrem Koalitionspartner, der Freiheitspartei um den Rechtspopulisten Geert Wilders, bei diesen Themen keinen Konsens hat.
Das neue Rettungspaket für Griechenland
Schon im vergangenen Juli hatten die Europartner Griechenland ein zweites Rettungspaket zugesagt. Nach vier weiteren EU-Gipfeln und einem letzten, 13-stündigen Verhandlungsmarathon der Finanzminister bis zum Dienstagmorgen stehen die Einzelheiten fest.
Die Privatgläubiger erlassen Griechenland 53,5 Prozent der ausstehenden Kredite. Wenn sich ausreichend Banken beteiligen, sinkt die Schuldenlast um 107 Milliarden Euro.
Der Rest der Privatschulden wird in neue Anleihen mit Laufzeiten von elf bis 30 Jahren umgetauscht. Dafür erhalten die Banken geringe Zinsen von zwei bis 4,3 Prozent. Insgesamt spart Athen dadurch in den kommenden acht Jahren 150 Milliarden Euro ein.
Die internationalen Geldgeber „versüßen“ den Banken den Schuldenumtausch, indem sie die neuen Anleihen mit 30 Milliarden Euro absichern.
Athen erhält neue Notkredite von 100 Milliarden Euro. Ob der Internationalen Währungsfonds (IWF) davon - wie bei den Programmen für Portugal und Irland - jeweils ein Drittel übernimmt, ist noch nicht klar. IWF-Chefin Lagarde will den Beitrag auch davon abhängig machen, ob die Eurozone ihren dauerhaften Rettungsfonds aufstockt.
Die nationalen Notenbanken geben die Gewinne aus ihren Griechenland-Krediten an Athen zurück. Das soll die Schuldenlast Athens um 1,8 Prozentpunkte senken.
Die Zinsen für die bereits gewährten Notkredite werden auf 1,5 Prozentpunkte oberhalb des Euribor gesenkt.
Der Schuldenerlass und die neuen Finanzspritzen sollen es Athen ermöglichen, seine Gesamtverschuldung bis 2020 von mehr als 160 auf 120,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung zu senken.
Ein Teil der neuen Kredite fließen auf ein Sperrkonto, damit Athen seine anfallenden Schulden künftig auch zurückzahlen kann. Der Schuldendienst hat Vorrang vor anderen Staatsausgaben. Auf dem Konto muss ausreichend Geld für die Schuldentilgung der folgenden drei Monate liegen.
Die Umsetzung des Spar- und Reformauflagen wird von Experten der EU-Kommission permanent in Athen überwacht. Deutschland ist bereit, dazu Fachpersonal zu entsenden.
Auch bei deutschen Ökonomen und Rechtswissenschaftlern sind der Fiskalpakt und seine Wirkungsmöglichkeiten umstritten. „Der von den Staats- und Regierungschefs beschlossene Fiskalpakt wird Europa nicht zu neuer und robuster Währungsstabilität zurückführen. Seine Schlagkraft werde nicht ausreichen, der Europäischen Währungsunion mehr Stabilität zu verleihen.“ Das ist das zentrale Ergebnis eines Gutachtens, dass ein Autorenteam aus Ökonomen und Rechtswissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt hat.