Iran-Sanktionen der USA EU-Staaten gründen Schutzschirm

EU-Staaten gründen Schutzschirm gegen Iran-Sanktionen der USA Quelle: REUTERS

Deutschland, Frankreich und Großbritannien schaffen für die Iran-Geschäfte europäischer Unternehmen ein Schutzsystem gegen die US-Sanktionen und stellen die transatlantischen Beziehungen vor eine neue Belastungsprobe.

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Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben ein System zur Umgehung der amerikanischen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran gestartet - und gehen damit auf Konfrontationskurs zu US-Präsident Donald Trump. Konkret wurde eine Gesellschaft gegründet, über die der Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften abgewickelt werden kann, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen dazu nicht mehr bereiterklären.

Bundesaußenminister Heiko Maas zeigte sich am Donnerstag bei einem EU-Außenministertreffen in Bukarest erleichtert, dass die Gründung der Gesellschaft nach monatelanger Vorbereitung gelungen sei. An die Adresse der USA sagte er: „Das ist ein Schritt, der deutlich macht, dass wir auch innerhalb der Europäischen Union - auch wenn andere anderer Auffassung sind - geschlossen und entschlossen unseren Weg gehen.“

Mit dem Vorgehen wollen Deutschland, Frankreich und Großbritannien dazu beitragen, das internationale Atomabkommen mit dem Iran zu retten. Dieses droht an der Wiedereinführung von US-Sanktionen zu scheitern, weil dem Iran für den Verzicht auf sein Atomprogramm die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen versprochen worden war.

Die Zweckgesellschaft zur Umgehung der US-Sanktionen mit dem Namen Instex soll nun dafür sorgen, dass europäische Unternehmen trotz der strengen US-Sanktionen Geschäfte mit dem Iran abwickeln können. Sie fungiert dazu als eine Art Vermittlungsstelle, in der Forderungen von europäischen und iranischen Unternehmen miteinander verrechnet werden können.

So könnte zum Beispiel der Iran weiter Erdöl oder andere Produkte nach Europa liefern. Das Geld dafür würde dann aber nicht über Banken in den Iran fließen, sondern an europäische Unternehmen, die zum Beispiel Medikamente, Nahrungsmittel oder Industriegüter in den Iran verkaufen. Die US-Sanktionen gegen das Zahlungsverkehrssystem mit dem Iran wären damit ausgehebelt.

Der Sitz von Instex wird im französischen Finanzministerium sein. In Deutschland soll eine Nebenstelle als Anlaufpunkt für deutsche Unternehmen eingerichtet werden. Die Europäer wollen das Handelsvolumen zumindest auf dem Niveau halten, das es vor dem Atomabkommen mit dem Iran unter dem damaligen Sanktionsregime gegeben hat. Zwischen dem Iran und Deutschland waren das zwei Milliarden Euro. Das Problem: Die USA setzen die im Iran tätigen Unternehmen heute viel aggressiver als damals unter Druck.

Die deutschen Exporte in den Iran sind seit dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen massiv eingebrochen. Für den Deutschen Industrie- und Handelskammertag ist es deswegen höchste Zeit für einen Schutzschirm gegen die US-Sanktionen. „Die Uhr zur Rettung der deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen ist fast abgelaufen“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier der Deutschen Presse-Agentur. Das deutsche und europäische Iran-Geschäft laufe Gefahr, gänzlich zum Erliegen zu kommen.

Treier verwies darauf, dass viele Unternehmen die Sorge umtreibe, ihr US-Geschäft zu verlieren, wenn sie weiterhin im Iran aktiv seien. Die neue Regelung gebe zwar Anlass für leichte Hoffnung. „Allerdings muss die Zweckgesellschaft jetzt zügig ihre Arbeit aufnehmen und dabei unbürokratisch handhabbar sein.“

Teheran reagiert verhalten

Der Iran reagierte verhalten. „In der Regel ist es natürlich lobenswert, dass die EU sich gegen die US-Sanktionen eingesetzt hat“, sagte Vizeaußenminister Abbas Araghci im Staatssender IRIB. Teheran werde aber abwarten, wie das Instex-System in der Praxis funktionieren werde.

Unklar ist bislang, wie Washington auf die Gründung der Anti-Sanktions-Gesellschaft reagieren wird. US-Außenminister Mike Pompeo hatte bereits im vergangenen September angekündigt, dass sein Land eine Umgehung der Iran-Sanktionen nicht tolerieren wolle.

Die USA waren im vergangenen Jahr ungeachtet großer Bedenken der Europäer einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen. Trump hatte die Entscheidung unter anderem damit begründet, dass es keinen Frieden im Nahen Osten gebracht habe. Zudem warf er Teheran vor, trotz des Deals an der Entwicklung von Nuklearwaffen zu arbeiten.

Die Europäer sehen die Rolle des Irans in der Region wie die USA sehr kritisch. Sie verweisen aber darauf, dass es darum in dem Abkommen nur indirekt gehe und der Iran bislang alle schriftlich eingegangenen Verpflichtungen einhalte. Letzteres hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bereits 13 Mal nach unabhängigen Untersuchungen bestätigt. Zudem erklärte selbst der US-Geheimdienstkoordinators Dan Coats am Dienstag im Geheimdienstausschuss des US-Senats, er glaube nicht, dass der Iran derzeit an einer Nuklearwaffe arbeite.

Ob die Zweckgesellschaft wirklich Wirkung entfalten kann, gilt unterdessen als unsicher. Das liegt daran, dass sie europäische Unternehmen nicht vor US-Sanktionen schützen kann. Sie ist daher vor allem für solche Unternehmen interessant, die lieber im Iran als in den USA Geschäfte machen wollen und deswegen einen Marktausschluss in den Vereinigten Staaten nicht fürchten.

Geschäftsführer von Instex ist ein Deutscher: der frühere Bank-Manager Per Fischer. In den Aufsichtsrat entsenden alle drei Länder jeweils einen Vertreter. Für Deutschland wird das der Leiter der Wirtschaftsabteilung im Auswärtigen Amt, Miguel Berger, sein. Großbritannien soll den Vorsitz in dem Gremium übernehmen. Die Abkürzung Instex steht für „Instrument in Support of Trade Exchanges“ - auf Deutsch: „Instrument zur Unterstützung von Handelsaktivitäten“.

Die Spaltung zwischen den USA und den Westeuropäern in der Iran-Politik wird auch bei einer Konferenz deutlich werden, die am 13. und 14. Februar unmittelbar vor der Münchner Sicherheitskonferenz in Warschau stattfindet. Die USA und Polen haben dorthin Außenminister aus aller Welt eingeladen, um über Sicherheit im Nahen und Mittleren Osten zu reden. Kritiker sehen die Veranstaltung als Anti-Iran-Konferenz.

Es wird erwartet, dass mehrere westeuropäische Staaten deswegen nicht auf Ministerebene teilnehmen werden. Die USA schicken dagegen neben Außenminister Pompeo sogar US-Vizepräsident Mike Pence nach Warschau.

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