Italien Warum sich Italiens Krise weiter zuspitzen wird

Seite 2/2

Italien steht ein heißer Sommer bevor

3. Zu viele Kleinsparer hängen am Schicksal der Banken

Italiens Banken sind anders. Entgegen der Regularien, wonach nur institutionelle Anleger  Wandelanleihen von Banken kaufen sollten, engagierten sich in den vergangenen Jahren massiv Kleinsparer in dem Segment. Aus vielen Volks- und Regionalbanken ist der Kniff bekannt: Kredit bekam nur, wer gleichzeitig mit einem Teil des Geldes die Wandelobligationen kaufte oder Anteile. Für 200 Milliarden sind solche Obligationen verkauft worden, 31 Milliarden als nachrangige Anleihen. Den Großteil davon halten Privatanleger. Lässt man die Banken insolvent gehen, ist dieses Geld als erstes weg.

Hinzu kommt, dass nach Schätzungen aus Rom 30 Prozent der Anteile italienischer Banken im Besitz von Stiftungen sind, die damit das gesellschaftliche Leben vor Ort finanzieren. Kippt die Bank, kippt die Stiftung – leidet die Bevölkerung vor Ort. Das zeigt sich derzeit schon im Toskana-Städtchen Siena. Dort verlor die Fondazione Monte dei Paschi di Siena wegen der Krise der gleichnamigen Bank in den vergangenen fünf Jahren sechs Milliarden Euro. Statt jährlich 150 Millionen Euro schütten sie dieses Jahr noch 2,5 Millionen Euro für Projekte in der Stadt aus. Der Rest der Bürger geht leer aus – und ist wütend.

4. Renzi hat sein politisches Kapital überschätzt

Diese Wut aber kann Renzi sich politisch nicht leisten. Der Grund: Er hat seine eigene Überzeugungskraft überschätzt. Im Herbst stellt sich der Sozialdemokrat einem Referendum. Dabei geht es um eine der größten Baustellen Nachkriegs-Italiens: Renzi hat eine Reform des politischen Systems durch beide Kammern des Parlaments gebracht. Der Kern: Das Oberhaus, der Senat, soll von einer gleichberechtigten Kammer zu einer Art Regionalvertretung nach Vorbild des deutschen Bundesrats gestutzt werden. So sollen sich künftig die beiden Kammern bei Reformen nicht mehr gegenseitig behindern. Die Reform ist aber von einer Zustimmung bei besagtem Referendum abhängig. Für Renzi ist klar: Verliert er das Referendum, tritt er zurück. Dem Land drohte Chaos.

EU-Banken tief in der Krise

5. Mit dem Movimento 5Stelle ist eine auch für die bürgerliche Mitte akzeptable Alternative entstanden

Das Scheiter-Risiko ist auch deshalb real, weil es aus Sicht vieler Italiener längst eine Alternative zu Renzi gibt. Das Movimento 5Stelle des ehemaligen Komikers Beppe Grillo hat nicht nur zuletzt die Bürgermeister-Ämter in Rom und Turin gewonnen – es liegt auch in nationalen Umfragen fast gleich auf mit Renzi. Sollten nun noch einige Banken mangels Staatshilfe in die Insolvenz schlittern, dürfte sich der Zustrom zu den Grillini weiter verstärken – schließlich werben sie mit dem Austritt aus dem Euro.

Leider hatte auch der IWF bei der Vorstellung seines Länderberichts eher keine Hoffnungsschimmer für Renzi: 2017 erwartet der IWF, dass das Bruttoinlandsprodukt um etwa ein Prozent zulegt; bisher kalkulierte die Washingtoner Finanzinstitution mit 1,25 Prozent. Italien steht vor einem heißen Sommer.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%