Der italienische Regierungschef Matteo Renzi steht vor der größten Probe seiner bisherigen Amtszeit. Am 4. Dezember sollen die Italiener über die tiefgreifendste Verfassungsreform seit Jahrzehnten abstimmen. Das Datum für das Referendum schlug Renzi am Montag vor dem Kabinett in Rom vor.
Für den Fall, dass die Bevölkerung gegen das Reformwerk stimmt, hatte Renzi seinen Rücktritt angekündigt. Zuletzt war der Premier allerdings wieder etwas zurückgerudert. In Umfragen liegen die Reform-Befürworter und -Gegner derzeit Kopf-an-Kopf.
„Wir wollen ein stabileres und einfacheres Land“, erklärte Renzi in seinem Newsletter zum Auftakt der Kampagne „Basta un Sì“ (Ein Ja reicht). Mit der Reform werden die Rechte der zweiten Kammer, des Senats, stark beschnitten. So soll das Regieren schneller und effektiver werden, und das blockadeanfällige politische System in Italien reformiert werden.
Wissenswertes über Italien
Das Klima und die mediterrane Küche sind wohl ausschlaggebend für die hohe Lebenserwartung der Italiener. In Europa führen sie die Liste aller OECD-Staaten an, weltweit belegen sie den zweiten Platz. Die Lebenserwartung beträgt bei Frauen circa 83 Jahre, bei Männern 78 Jahre. Ungefähr 19 Prozent der Italiener sind älter als 65 Jahre.
Dennoch ist auch im Stiefelstaat der Trend zum Übergewicht festzustellen. Italien hat der adipösen Gesellschaft den Kampf angesagt und so gibt es in Italien einige Krankenhäuser, die sich ausschließlich um fettleibige Patienten kümmern.
Der Süßwarenfabrikant Michele Ferrero ist der reichste Mann Italiens. Sein Vermögen wird auf 17 Milliarden Dollar geschätzt. Leonardo Del Vecchio, Gründer von Luxottica, folgt auf Rang zwei.
Die italienische Landwirtschaft spielt insgesamt keine große Rolle. In zwei Bereichen sind die Italiener dennoch Weltspitze: So produzierte das Land 2010 rund 44,8 Millionen Hektoliter Wein. Nur Frankreich stellt mehr Wein her. Außerdem ist Italien, nach Spanien, der zweitgrößte Erzeuger von Olivenöl.
Italiens Handelspartner befinden sich in direkter Nähe zu dem Land. Deutschland ist der wichtigste Partner, gefolgt von Frankreich. Italiens Produkte erfreuen sich besonders in Großbritannien, Spanien und den USA großer Beliebtheit. Importiert wird aus den Niederlanden, China, Libyen und Russland.
Eindeutig Brillen herstellen! Denn Luxottica, mit Sitz in Agordo (Provinz Belluno) ist der weltgrößte Brillenhersteller. Seit 1995 kauft das italienische Unternehmen US-Marken wie Ray-Ban und Oakley auf.
Mailand, Turin und Genua sind die größten Wirtschaftszentren Italiens. Sie sind Teil des europäischen Wirtschaftsraumes, der durch neun Länder führt und "Blaue Banane" heißt. Zentrale Einrichtungen der Europäischen Union und 20 Weltstädte befinden sich in der Zone. Hier sind die Bevölkerung, die Wirtschaft, das Kapital und die Infrastruktur sehr gut verwoben und bilden somit eine wirtschaftliche Achse Europas. Vergleichbar ist dieser Wirtschaftsraum mit BosWash in den USA.
Kuriose Gesetze sind in Italien keine Seltenheit. So müssen Hunde dreimal täglich Gassi gehen. Die Polizei darf sich bei den Nachbarn auch erkundigen, ob dies eingehalten wird. Hohe Geldstrafen sind ausgesetzt, wer sich nicht an die Gesetze halten will. Wer sich in der Lombardei abends auf einer Bank ausruhen will, muss sich vergewissern, dass nicht mehr als drei Personen Platz nehmen. Denn in einem öffentlichen Park ist dies streng reglementiert.
Italien ist das Land mit den meisten Welterbestätten. Italien ist in Besitz von 100.000 Denkmälern. Darunter befinden sich nicht nur Kirchen, Galerien und Schlösser. Auch archäologische Funde, Brunnen und Villen fallen unter den Denkmalschutz.
Die Reform sieht eine Verkleinerung des Senats von 315 auf 100 Sitze vor. Die Senatoren sollen künftig nicht mehr bezahlt und nicht mehr vom Volk direkt gewählt werden. Der Senat darf auch nicht mehr über alle Gesetze abstimmen. Die Neuordnung der Verfassung ist das Herzstück von Renzis Reformvorhaben, das er seit Beginn seiner Amtszeit im Februar 2014 vorantreibt.
Die Oppositionsparteien und auch einige Rebellen in Renzis eigener sozialdemokratischen Partei PD sind gegen das Werk. Sie befürchten, dass die Regierung – vor allem im Zusammenspiel mit der anstehenden Reform des Wahlrechts – zu viel Macht bekommt. Für sie ist es das Ende der Kontrolle durch die beiden Kammern. Allerdings hatte genau diese Kontrolle in Italien immer wieder zu Blockaden und Regierungsstürzen geführt.
Für Renzi wird es nun ein heißer Herbst, seine Kampagne will er am 29. September in Florenz – wo er einst Bürgermeister war – starten. Viele Menschen sind noch unentschieden. Einer aktuellen Umfrage zufolge wollen 38 Prozent der Befragten mit Ja stimmen, 35 mit Nein. 27 Prozent sind demnach noch unentschlossen.
Der Ministerpräsident hatte eingeräumt, dass es ein Fehler gewesen sei, das Referendum zu einer Abstimmung über seine politische Zukunft gemacht zu haben. Zuletzt wollte Renzi nicht mehr auf seine Rücktrittsankündigung im Falle eines Neins eingehen. Stürzt er, wäre eine Regierungskrise programmiert.