Wenn sich die Finanzminister und Notenbankgouverneure der wichtigsten Länder der Welt in Washington zur Tagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) treffen, geht es weniger um das Klein-Klein der aktuellen Tagespolitik, sondern um die großen Linien der Geld- und Währungspolitik.
Auf der Tagung an diesem Wochenende stand unter anderem die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) im Mittelpunkt der Diskussion. In den vergangenen Jahren hatte der IWF die EZB immer wieder aufgefordert, die Geldpolitik zu lockern und unkonventionelle Maßnahmen wie den Kauf von Staatsanleihen in Erwägung zu ziehen. Jetzt, da die EZB Staatsanleihen in großem Stil kauft, kann sie sich des Lobes des IWF sicher sein. "Die Politik der quantitativen Lockerung der EZB ist willkommen und sollte fortgesetzt werden", sagte Poul Thomsen, Ökonom in der Europa-Abteilung des IWF.
Makroprudenzielle Regulierung als Allheilmittel
Zugleich aber warnen die IWF-Ökonomen vor den Folgen der Geldpolitik, die sie selbst empfohlen haben. Die Niedrigzinsen und die durch den Kauf von Staatsanleihen in den Bankensektor gepumpte Liquidität drohten gefährliche Ungleichgewichte und Vermögenspreisblasen zu erzeugen, heißt es. Offenbar bekommt der Fonds angesichts des weltweiten Höhenflugs an den Finanzmärkten mittlerweile kalte Füße.
Deshalb soll nun ein neues Allheilmittel zur Bekämpfung von Preisblasen zum Einsatz kommen: die makroprudenzielle Regulierung. Hinter diesem sperrigen Begriff verbergen sich Eingriffe der Notenbanken und der Bankenaufsichten in die Kreditvergabe der Banken. Sollten sich Preisblasen am Aktien- oder Immobilienmarkt bilden, können die Notenbanker den Banken zum Beispiel vorschreiben, mehr Eigenkapital für Kredite vorzuhalten. Alternativ können sie die Banken auffordern, die Beleihungsgrenzen für Immobilienkredite herabzusetzen. Die Kreditnehmer müssten dann mehr Eigenkapital auf den Tisch legen.
Die maßlose Selbstüberschätzung der Notenbanker
Allerdings ist fraglich, ob die Zentralbanker überhaupt in der Lage sind, Preisblasen zu erkennen und rechtzeitig die richtigen Instrumente in der richtigen Dosierung einzusetzen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass sinnvolle Investitionsprojekte an der Kreditregulierung scheitern. Letztlich droht die makroprudenzielle Regulierung aus dem gleichen Grund zu scheitern wie die antizyklische Wirtschaftspolitik in den Siebzigerjahren: der maßlosen Selbstüberschätzung steuerungs- und regulierungswütiger Finanzminister und Notenbanker.
Auch im Hinblick auf die Fiskalpolitik atmen die wirtschaftspolitischen Empfehlungen des IWF den Geist des Keynesianismus. Aus Sorge, die expansive Geldpolitik allein werde nicht reichen, um die Wirtschaft der Eurozone wieder auf Trab zu bringen, forderte David Lipton, der Vize-Chef des IWF, die Regierungen sollten mehr Geld in die Infrastruktur investieren.
Damit stieß er in das gleiche Horn wie der Harvard-Ökonom Larry Summers, der seit geraumer Zeit argumentiert, die Regierungen sollten sich zu den aktuell niedrigen Zinsen verschulden und mit den Krediten Investitionen in die Infrastruktur finanzieren. Das kurbele die Wirtschaft an und verhindere eine angeblich drohende säkulare Stagnation.
Teure Refinanzierung der Billig-Kredite
Bei genauem Hinsehen kann die Argumentation von Lipton/Summers jedoch nicht überzeugen. Wie sollen private Investitionen in Gang kommen, wenn der Staat ihnen mit seinen Investitionen die realen Ressourcen streitig macht? Verdrängt der Staat private Investitionen, droht der Weg in die Staatswirtschaft.
Die wichtigsten Begriffe in der Kapitalismus-Debatte
Unter Geldmenge versteht man den gesamten Bestand an Geld, der in einer Volkswirtschaft zur Verfügung steht. Die Geldmenge kann durch Geldschöpfung erhöht und durch Geldvernichtung gesenkt werden. In der Volkswirtschaftslehre und von den Zentralbanken werden verschiedene Geldmengenkonzepte unterschieden, die mit einem M, gefolgt von einer Zahl bezeichnet werden. Für M1 und die folgenden Geldmengenaggregate M2 und M3 gilt stets, dass das Geldmengenaggregat mit einer höheren Zahl das mit einer niedrigeren einschließt. Eine niedrigere Zahl bedeutet mehr Nähe zur betrachteten Geldmenge und zu unmittelbaren realwirtschaftlichen Transaktionen. Die Geldbasis M0 stellt die Summe von Bargeldumlauf und Zentralbankgeldbestand der Kreditinstitute dar. Geldvolumen M-1 = Bargeldumlauf ohne Kassenbestände der Banken, aber einschließlich Sichteinlagen inländischer Nichtbanken. M-2 = Geldvolumen M-1 zuzüglich Termingelder inländischer Nichtbanken mit Laufzeiten unter vier Jahren. M-3 = Geldvolumen M-2 zuzüglich Spareinlagen inländischer Nichtbanken mit gesetzlicher Kündigungsfrist.
Die Goldparität ist der fixierte Wert einer Währungseinheit gegenüber dem Goldpreis. Sie entspricht der Menge von Gold in Gramm, die man für eine Währungseinheit erhält. Diese Menge ist im Rahmen eines Goldstandards staatlich oder durch internationale Vereinbarungen festgelegt. Über den Wert des Goldes ist damit der Wert der Währung bestimmt. Bei der Goldparität handelt sich um einen Sonderfall der Wechselkursparität. Ein mögliches Beispiel hierfür ist die Festlegung des Wertes des Dollars im Bretton-Woods-System. Die Goldparität des Dollars besteht jedoch seit Ende der 1960er nicht mehr, da sie durch Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds ersetzt wurde.
Bezeichnung für eine Inflation, bei der die Preise langsam, nahezu unmerklich steigen. Meist wird von schleichender Inflation bei relativ geringen jährlichen Preissteigerungsraten von unter 5 Prozent gesprochen.
In verschiedenen Bedeutungen verwendeter Begriff. Wird häufig den Begriffen Geld oder Vermögen gleichgesetzt. Volkswirtschaftlich einer der drei Produktionsfaktoren neben Arbeit und Boden. Gesamtwert aller Güter, mit denen die Unternehmung arbeitet (Aktivseite der Bilanz). Buchhalterisch die Posten des Gesamtvermögens, die auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen werden. Auch: für Investitionen zur Verfügung stehendes Geld (Geldkapital).
Der Markt ist ein ökonomischer Ort des Tausches, an dem sich durch ein Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage Preise bilden.
Beziffert, welchen Anteil des BIP der Staat und die Sozialversicherungen ausgeben.
Steuern sind Zwangsabgaben, die ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen (der Staat) von Personen oder Unternehmen verlangt, um seinen Finanzbedarf zu decken und seine Aufgaben erfüllen zu können. Steuern sind die Haupteinnahmequelle von Bund, Ländern und Gemeinden. Ein Anspruch auf eine konkrete Gegenleistung besteht nicht. Rechtliche Grundlage für alle Steuern in Deutschland ist die Abgabenordnung (AO). Über Steuern hat der Staat die Möglichkeit, das Verhalten seiner Bürger zu lenken, z.B. kann die Erhöhung der Tabaksteuer oder der Stromsteuer zu einem verminderten Konsum führen. Wenn die persönlichen Verhältnisse von Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, handelt es sich um Personen-Steuern, ansonsten um Objekt-Steuern. Artikel 106 im Grundgesetz teilt die Steuern in vier Kategorien ein: Gemeinschaftssteuern (Verbundsteuern), Bundessteuern, Ländersteuern und Gemeindesteuern.
Dazu kommt, dass die Refinanzierung der Billig-Kredite den Staat in Zukunft teuer zu stehen kommen könnte, wenn die Zinsen steigen. Problematisch ist zudem, dass der IWF mit seinem Plädoyer für kreditfinanzierte staatliche Investitionen Wasser auf die Mühlen derjenigen Regierungen in Europa leitet, die ohnehin nichts vom Sparen halten und den Stabilitätspakt weiter aufweichen wollen.
Der staatswirtschaftliche Geist des Keynesianismus zeigt sich auch in der neurotischen Angst der Notenbanker vor der Deflation. Auf die Frage, warum die Notenbanken ein Inflationsziel von zwei Prozent anstreben, antwortete Stanley Fischer, der stellvertretende Vorsitzende der US-Notenbank Fed, dass das Zwei-Prozent-Ziel in den Siebzigerjahren entstanden sei, als man hoffte, durch Inflation die Arbeitslosigkeit senken zu können.
Warum Banken und Regierungen Inflation wollen
Heutzutage sei wichtiger, dass angesichts der Leitzinsen nahe Null Prozent ein negativer Realzins zur Stützung der Konjunktur nur durch eine positive Inflationsrate erreicht werden kann. Dabei hinterfragte Fischer jedoch nicht, welche negativen Folgen es hat, wenn staatliche Notenbanken den Realzins als den wichtigsten Preis der Volkswirtschaft künstlich in den negativen Bereich drücken.
Zudem verschwieg er den wahren Grund, warum Banken, Zentralbanken und Regierungen ein Interesse an Inflation haben. Wenn sich das Geld mit der Zeit entwertet, macht es für den einzelnen Sinn, sich zu verschulden. Die steigenden Preise lassen seine reale Schuldenlast peu a peu abschmelzen. Deshalb fällt es den Banken leicht, den Menschen Kredite aufzuschwatzen und so ihre Gewinne zu steigern.
Die Notenbank wiederum leiht den Geschäftsbanken zur Refinanzierung der Kredite gegen Zins Zentralbankgeld, das sie kostenlos aus dem Nichts schöpft. Die Gewinne aus der Geldschöpfung (Seignorage) überweist die Notenbank an den Staat. Daher haben Banken und Staaten ein ureigenes Interesse an Inflation.
Käme es hingegen zu Deflation, schrumpften mit den Preisen und Löhnen die Steuereinnahmen des Staates. Höhere Defizite ließen den staatlichen Schuldenberg beschleunigt wachsen. Daher kann es nicht verwundern, dass die Regierungen die Deflation fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Die Zentralbanken als staatlichen Instanzen wissen dies und setzen alle Hebel in Bewegung, die Inflation wieder nach oben zu treiben.
Dass diese Zusammenhänge trotz der geschäftigen Geschwätzigkeit in Washington unerwähnt blieben, kann nicht überraschen. Denn schließlich handelt es sich um ein Treffen von Regierungen, Notenbanken und Banken - also den Institutionen, die von der Inflation am meisten profitieren.