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IWF Schwellenländer rebellieren gegen Griechenland-Kredite

Beim Internationalen Währungsfonds (IWF) tobt ein Streit über den weiteren Umgang mit dem Euro-Pleiteland. Eine Gruppe von Schwellen- und Entwicklungsländern macht Front gegen weitere Hilfskredite.

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Nach außen hin gibt sich der IWF versöhnlich. Eine Gruppe von Schwellen- und Entwicklungsländern macht inzwischen aber Front gegen weitere Hilfskredite gegenüber dem Euro-Pleiteland. Quelle: AP

Nach außen hin gibt sich der IWF versöhnlich. Griechenland habe "außerordentliche" Fortschritte bei der wirtschaftlichen Stabilisierung gemacht, bescheinigen die Washingtoner dem Krisenland in ihrem neuesten Bericht. Trotz verfehlter Ziele bei Privatisierung und Stellenabbau sei das Land weiterhin auf Kurs, die Rezession im kommenden Jahr hinter sich zu lassen.

Deutsche glauben nicht ans Ende der Eurokrise
Vier von fünf Bundesbürgern (81 Prozent) sind davon überzeugt, dass die Eurokrise noch nicht ausgestanden ist. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Insa im Auftrag der „Bild“-Zeitung. Dagegen glauben nur sieben Prozent der Befragten, die Krise sei beendet. Sorgenvoll verfolgen viele Bundesbürger die Entwicklung in Griechenland. Nur 34 Prozent sehen das Land auf dem richtigen Weg. Hingegen sind 39 Prozent davon überzeugt, dass Griechenland sich nicht ernsthaft um Reformen bemüht, die das Land wieder zukunftsfähig machen. „Für die überwältigende Mehrheit der Deutschen ist die Eurokrise noch nicht vorbei. Diese Befürchtung wird auch Einfluss auf die Wahlen zum Europäischen Parlament haben“, sagte INSA-Chef Hermann Binkert der Zeitung. Quelle: dpa
Der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM hat Griechenland davor gewarnt, bei einer Rückkehr an den Finanzmarkt zu viel für frisches Kapital zu zahlen. Das hoch verschuldete Land musste als erstes unter den Rettungsschirm der Euro-Länder schlüpfen und entging nur so einem Staatsbankrott. ESM-Chef Klaus Regling sagte der Wochenzeitung "To Vima", es sei natürlich, dass Griechenland nunmehr die Märkte testen wolle. Es sollte den Investoren aber keine zu hohe Rendite zahlen, um seine Schuldenlast nicht weiter zu erhöhen. Die griechische Regierung müsse sich überlegen, welchen Preis sie bereit sei zu zahlen, sagte Regling dem Blatt. Quelle: AP
Italiens neue Regierung will sich für eine Abschwächung der EU-Haushaltsziele einsetzen. Das machten Ministerpräsident Matteo Renzi und Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan bei der Vorlage ihrer Sparpläne deutlich. Beide kündigten an, Italien werde seine im Juli beginnende EU-Präsidentschaft dazu nutzen, die Vorgaben auf den Prüfstand zu stellen. "Wir wollen mehr denn je die Richtung Europas ändern", sagte Renzi. Italien stärke aber seine Position, wenn es seine Finanzen momentan im Zaum halte. Die Äußerungen legen nahe, dass Frankreich in den Bemühungen, mehr Zeit für die Erreichung seiner Haushaltsziele zu erhalten, mit Italiens Unterstützung rechnen kann. Renzi legte Vorschläge für die Finanzierung eines 6,7 Milliarden Euro schweren Steuersenkungsprogramms vor. Ein Großteil solle durch Ausgabenkürzungen im Umfang von 4,5 Milliarden Euro erwirtschaftet werden, sagte er vor Journalisten. 2,2 Milliarden Euro würden durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen und Bankensteuern gedeckt. Quelle: REUTERS
Investors George Soros und Ex-Bundesbank-Chefvolkswirt Otmar Issing diskutierten an der Frankfurter Universität über die Rolle Deutschlands in der Euro-Krise. Vor der Bundestagswahl hatte Soros betont: Deutschland muss seine Verantwortung für die Eurozone akzeptieren oder aus dem Euro austreten. Die erste Variante bedeutet nach Soros' Lesart: Deutschland soll mehr Geld auf den Tisch legen. Inzwischen habe sich die Wahl jedoch erübrigt. „Jetzt ist die einzige Alternative für Deutschland seine dominante Position zu akzeptieren.“ Es müsse als „wohlwollender Hegemon nach Wegen suchen, die Schuldnerländer aus der Schusslinie zu bringen", fordert er. Quelle: dpa
"Keine Nation hat zwischen 2009 und 2013 weniger auf Austerität gesetzt als Deutschland", behauptet Paul Krugman und verweist auf eine Grafik. Das Problem an der Behauptung: Deutschland hat schon Anfang des Jahrtausends mit der Agenda 2010 schmerzhafte Reformen umgesetzt. Dadurch hatte Berlin einen zeitlichen Vorteil und brauchte sich in den Krisenjahren nicht verbiegen. Quelle: REUTERS
Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, Michael Hüther, sowie der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher und der Leiter der europäischen wirtschaftswissenschaftlichen Denkfabrik Bruegel, Guntram B. Wolff, haben sich in der "F.A.Z." hinter das Anleihe-Kaufprogramm und die Niedrigzinspolitik der EZB gestellt. Die Debatte um die EZB-Politik werde in Deutschland „zugespitzt und mit scharfem Ton geführt“, bemängelten die drei Wissenschaftler. Dies sei schädlich, "denn einerseits scheint es so, dass die Kritik vielfach von dem Erfahrungsgrund der Bundesbank ausgeht und die Bedingungen der Geldpolitik in einer Währungsunion verkennt, und andererseits ist die europäische Krise noch nicht überwunden.“ Die Klagen der Deutschen über zu niedrige Zinsen watschten sie ab: "Es kann nicht die Aufgabe der EZB sein, die Geldpolitik auf ein einziges Land auszurichten, sondern Geldpolitik muss für die Eurozone als Ganzes umgesetzt werden." Quelle: dapd
"Der EZB-Rat sollte sich zu umfangreicheren Wertpapierkäufen durchringen", sagte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger tags zuvor in einem Interview. Der Ökonom, der die Bundesregierung berät, ist sich sicher: "Damit kann man dafür sorgen, dass es erst gar nicht zu einem Abrutschen des Euro-Raums in die Deflation kommt." Für Bofinger haben die Hüter des Euro um EZB-Präsident Mario Draghi noch Nachholbedarf: "Im Vergleich hat die EZB bislang sehr konservativ agiert." Nicht kleckern, sondern klotzen ist deshalb wegen der mit 0,7 Prozent für den Geschmack vieler Ökonomen zu niedrigen Teuerung auch für Bofinger die Devise: "Maßnahmen wie eine weitere kleine Zinssenkung oder ein längerfristiges Versprechen, die Leitzinsen extrem niedrig zu lassen - meinetwegen auch verbunden mit einem konkreten Zeitrahmen -, sind alles nur Tropfen auf den heißen Stein in der aktuellen Lage." Quelle: dapd

Intern aber ist dieser Text höchst umstritten. Die Reform- und Sparanstrengungen der griechischen Regierung werden insbesondere in Südamerika deutlich kritischer gesehen. Eine Gruppe von Schwellen- und Entwicklungsländern macht Front gegen weitere Hilfskredite. Die von Brasilien repräsentierte Ländergruppe verweigerte der jüngsten Freigabe neuer IWF-Kredite an das südeuropäische Euro-Land die Rückendeckung, wie Brasiliens Exekutivdirektor beim Fonds, Paulo Nogueira Batista, am Mittwoch mitteilte. Unterdessen forderte der IWF die Europäer auf, sich auf weitere Hilfen zum Abbau des riesigen Schuldenbergs Griechenlands einzustellen. Wenn die Investoren das Vertrauen verlören, dass Griechenland mit Hilfe seiner Partner seine immense Schuldenlast tragen kann, müssten die Euro-Länder gegebenenfalls Abhilfe schaffen.

Im Rahmen zweiter Hilfsprogramme wurde und wird Griechenland seit 2010 von seinen europäischen Partnern und dem IWF mit insgesamt fast 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. Der Großteil dieser Summe wurde bereits ausgezahlt. Erst am Mittwoch floss eine weitere Kredittranche aus dem Euro-Schutzschirm EFSF an das Land. Auch der IWF gab eine Tranche von 1,72 Milliarden Euro an die Regierung in Athen frei. Damit hat der Internationale Währungsfonds, dem 188 Länder angehören, bislang 28,4 Milliarden Euro zur Stabilisierung des von der Pleite bedrohten Landes gezahlt.

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Die von Brasilien geführte Gruppe von elf Ländern aus Lateinamerika und der Karibik im Exekutivdirektorium des Fonds enthielt sich bei der Abstimmung über die Freigabe weiterer Mittel der Stimme. "Die jüngsten Entwicklungen in Griechenland bestätigen einige von unseren schlimmsten Befürchtungen", sagte Brasiliens Vertreter Batista. Die Umsetzung der Reformprogramme sei in fast allen Bereichen unbefriedigend. Die Erwartungen zur Wachstums- und Schuldenentwicklung seien weiterhin durch übertriebenen Optimismus gekennzeichnet. Diese Kritik wird als Ausdruck wachsender Verärgerung auf Seiten der Schwellenländer über die Rolle des IWF in der Euro-Schuldenkrise gesehen.

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