
Deutsche Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen hat den geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank kritisiert. „Die billige Liquidität von der Zentralbank ist nicht gesund“, sagte Fitschen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ in einem Interview. „Wir sollten möglichst schnell dahin kommen, dass die Realzinsen – also Nominalzinsen abzüglich Inflationsrate – wieder positiv werden.“
Fitschen betonte jedoch, die jetzige Situation „währt nicht ewig – das ist erklärtes Ziel der EZB, sie will zur Normalität zurück.“ Es sei sehr wichtig, den richtigen Weg für ein Umsteuern zu finden, um nicht sofort den nächsten Kollaps zu provozieren. Dieser Grat sei für die Notenbanker sehr schmal. „Alle aber sind sich einig: Die Zinsen können dauerhaft nicht so bleiben, weil sonst die nächsten Verwerfungen die Folge sind“, erklärte Fitschen.
Die Maßnahmen der Notenbanken gegen die Krise
Die Probleme an den Hypotheken- und Kreditmärkten greifen auf den Interbanken-Geldmarkt über. EZB und Fed sehen sich gezwungen, zusätzlich Liquidität in den Markt zu pumpen.
Die Notenbanken in den fünf wichtigsten Währungsräumen greifen gemeinsam ein, um ein Austrocknen der Geldmärkte zu verhindern.
Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers öffnen die großen Zentralbanken die Geldschleusen, um mitten in der Panik an den Finanzmärkten die Geschäfte am Geldmarkt am Laufen zu halten.
Die wichtigsten Notenbanken weltweit senken gemeinsam die Zinsen - ein historischer Schritt. 4. Dezember 2008: Die EZB senkt ihren Leitzins überraschend um einen dreiviertel Prozentpunkt auf 2,5 Prozent. Es ist der größte Zinsschritt seit der Einführung des Euro und der Gründung der europäischen Notenbank.
Die Fed kappt ihren Leitzins auf eine Spanne zwischen null und 0,25 Prozent - ein Rekordtief.
US-Notenbankchef Bernanke kündigt den Ankauf von Staatspapieren für zunächst 300 Milliarden Dollar an. Die Fed erweitert außerdem ihre bestehenden Programme zur Stützung der Kreditmärkte und Banken auf rund eine Billion Dollar.
Die EZB senkt ihren Leitzins auf das Rekordtief von einem Prozent.
Die EZB stellt den Banken der Euro-Zone erstmals für ein ganzes Jahr Liquidität zur Verfügung. Mehr als 1000 Banken rufen die Riesensumme von 442 Milliarden Euro ab. 6. Juli 2009: Die EZB beginnt offiziell mit dem Ankauf von Pfandbriefen.
224 Banken aus der Euro-Zone rufen beim letzten Jahrestender der EZB knapp 100 Milliarden Euro ab. Das ist ein Wendepunkt.
Die Federal Reserve erhöht den Zinssatz für Übernachtkredite von 0,5 auf 0,75 Prozent und verteuert damit Notkredite für Banken erstmals seit Ausbruch der Krise.
EZB-Chef Trichet kündigt an, dass die Notenbank auch über das Jahresende 2010 hinaus Sicherheiten mit einem schwächeren Rating als „A-“ akzeptieren wird. Sie hilft damit indirekt den griechischen Banken und erleichtert die Refinanzierung Griechenlands.
Die EZB kündigt im Kampf gegen die eskalierende Schuldenkrise in der Euro-Zone an, am öffentlichen und privaten Anleihemarkt in großem Stil aktiv werden zu wollen. Die Notenbank gibt damit ihren Widerstand gegen den Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Länder auf, der Kritikern zufolge zu einem Ansteigen der Inflation führen könnte. Laut EU-Vertrag kann die EZB die Anleihen nur am Sekundärmarkt erwerben und nicht direkt bei den Regierungen.
Die Fed stoppt unter dem Eindruck der nur zähen Konjunkturerholung in den USA und der andauernden Misere am Arbeitsmarkt den begonnenen Exit. Sie will Geld, dass sie durch Fälligkeit bereits erworbener Immobilienpapiere bekommt, wieder reinvestieren und neue Staatsanleihen kaufen.
Japans Notenbank zieht im Kampf gegen Wirtschaftskrise, Deflation und den starken Yen weitere Register. Sie senkt den Leitzins auf null und legt einen fünf Billionen Yen (60 Milliarden Dollar) schweren Fonds auf, über den sie die unterschiedlichsten Wertpapiere ankaufen und so weiteres Geld in die Wirtschaft pumpen will.
Die Fed beschließt den Ankauf von weiteren Staatsanleihen im Volumen von 600 Milliarden Dollar bis Ende der ersten Jahreshälfte 2011. Zusätzlich sollen auslaufende Papiere aus dem Bestand ersetzt werden. Insgesamt hat die neuerliche Geldspritze damit ein Volumen von 850 bis 900 Milliarden Dollar.
Die EZB beschließt eine Verdoppelung ihres Grundkapitals auf knapp elf Milliarden Euro. Bezahlen müssen dies die ihr angeschlossenen nationalen Notenbanken: Die Bundesbank muss entsprechend des Kapitalschlüssels gut eine Milliarde Euro auf ihren Anteil dazupacken.
Nach Erdbebenkatastrophe, Tsunami und Atomdebakel in Japan intervenieren die wichtigsten Notenbanken der Welt gemeinsam am Devisenmarkt.
Die EZB beginnt mit dem Ankauf von Anleihen Italiens und Spaniens. Beide Länder waren zuvor ins Visier der Märkte geraten.
Die Fed erklärt, dass sie ihren Leitzins wegen der mauen Konjunktur noch für „mindestens“ zwei Jahre nahe Null halten will.
In einer koordinierte Aktion stellen EZB und Fed sowie die Notenbanken Kanadas, Japans, Großbritanniens und der Schweiz den von der Krise gebeutelten europäischen Banken Dollar zur Verfügung. Den Instituten fiel es zuletzt schwer, sich Dollar-Kredite zu beschaffen - viele US-Investoren haben ihnen aus Angst vor den Folgen der Schuldenkrise den Geldhahn zugedreht. Fast gleichzeitig lockert auch die chinesische Notenbank unerwartet ihre Geldpolitik. Sie senkte erstmals seit drei Jahren die Mindestreserve-Anforderungen der Banken.
Die EZB hatte Anfang Mai die Zinsen in der Euro-Zone auf das Rekordtief von 0,5 Prozent gesenkt, um dem Währungsgebiet aus der Rezession zu verhelfen.
Nach Fitschens Worten sind die Einlagen der Sparer in Deutschland – anders als beim Euro-Rettungspaket in Zypern – sicher. „Bei uns gibt es über die gesetzliche 100.000-Euro-Grenze hinaus freiwillige Sicherungssysteme der Banken, die den Sparer schützen“, sagte Fitschen, der als BdB-Präsident oberster Lobbyist der Privatbanken in Deutschland ist. Der Steuerzahler dürfe nicht für die Rettung einer Bank geradestehen müssen. „Welche Gläubiger in welcher Form in Haftung genommen werden, wird derzeit intensiv diskutiert.“
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Banken buhlen um Mittelstandskunden
Im Mittelstands-Geschäft der Banken erwartet Fitschen harte Konkurrenz. „Richtig ist, dass viele Banken zum gleichen Zeitpunkt den deutschen Mittelstand zu entdecken scheinen und damit die Gefahr eines exzessiven Wettbewerbs entsteht.“ Die Banken dürften nicht vergessen, „dass jeder Kredit mit einem Risiko verbunden ist, und dass dieses Risiko in die Preise, also die Zinsen, mit eingerechnet werden muss“.
Fitschen geht von einem anhaltenden Jobabbau im Bankensektor aus. „Es wird nicht zu vermeiden sein, dass in einigen Bereichen weniger Personal benötigt wird.“ Ein Filialsterben hingegen sieht Fitschen nicht, der zusammen mit Anshu Jain die Deutsche Bank führt.