




Um elf Uhr deutscher Zeit haben die Banken in Zypern nach 12 Tagen Zwangspause wieder geöffnet. Um zu verhindern, dass die Zyprer nun im großen Stil ihr Geld ins Ausland schaffen, bleibt der Zugriff auf die Konten vorerst stark beschränkt. Trotzdem reiben sich einige Banken in der Schweiz bereits die Hände. Laut Schätzungen der Ratingagentur Moody's befinden sich 24 Milliarden Euro aus russischen Quellen sowie bis zu 20 Milliarden Euro aus der Ukraine in Zypern. Und dieses Geld werde nun wegen des enttäuschten Vertrauens in die zyprischen Banken seinen Weg in die Schweiz finden.
"Statt sich einen Drittel des Vermögens ans Bein zu streichen, bezahlt ein Betroffener lieber zehn Prozent des Vermögens an Bestechungsgelder, um das Geld in Sicherheit zu bringen", ist sich der Schweizer Ökonom Maurice Pedergnana von der Hochschule Luzern sicher.
Rechtssicherheit geht vor Bankgeheimnis
Wegen der Restriktionen werden die Gelder laut Pedergnana zunächst nur in geringem Ausmaß in die Schweiz geschafft werden, langfristig rechnet er aber damit, dass wohlhabende Russen, Griechen und Zyprer, aber auch Italiener und Spanier ihr Geld in die Schweiz bringen, da die Europäische Zentralbank in diesem Fall keine Handhabe hätte. Pedergnana ist überzeugt: "Rechtssicherheit ist wichtiger als das Bankgeheimnis."
Die Chronik der Zypern-Krise
Zypern bittet die Eurozone um Hilfe, nachdem zwei Banken im Fahrwasser der Griechenland-Krise Verluste von zusammen 4,5 Milliarden Euro machten.
Die EU drängt Zypern, einem Rettungsplan der Troika zuzustimmen. Der Rettungsplan sieht Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst und eine Mehrwertsteuererhöhung vor.
Die zyprische Regierung teilt mit, dass sie Hilfen in Höhe von rund 17 Milliarden Euro benötigt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drängt Zypern bei einem Besuch zu Reformen.
Zypern wählt und bestimmt den Konservativen Nikos Anastasiades zum neuen Regierungschef der Mittelmeerinsel. Anastasiades gilt als Befürworter des von der EU verlangten Sparkurses.
Die Regierung in Nikosia stimmt einer unabhängigen Prüfung der Finanzströme auf die Insel zu. Zypern reagiert so auf die Vorwürfe, russischen Millionären als Geldwäscheparadies zu dienen.
Die Finanzminister der Eurozone und der IWF wollen Zypern mit bis zu zehn Milliarden Euro unterstützen. Die Differenz muss das Land selbst aufbringen. Zypern entschließt sich für eine Abgabe auf Bankeinlagen, die die insgesamt 5,8 Milliarden Euro bringen soll.
Unter öffentlichem Druck kündigt Zypern an, das Rettungspaket zugunsten der Kleinanleger neu zu verhandeln. Guthaben von weniger als 100.000 Euro sollen unangetastet bleiben. Die Banken bleiben dennoch geschlossen, um panikartige Abhebungen von den Konten zu verhindern.
Die zyprische Regierung beschließt, Bankeinlagen von unter 20.000 Euro von der Zwangsabgabe auszunehmen. Dennoch fällt das Rettungspaket am Abend im Parlament durch.
Zyperns Finanzminister Michalis Sarris verhandelt in Moskau über mögliche Hilfen, die Verhandlungen bleiben ergebnislos. Die Orthodoxe Kirche auf Zypern bietet an, sich finanziell an der Rettung der Insel zu beteiligen.
Zypern will anstelle der Zwangsabgabe einen eigenen Rettungsfonds einrichten. Die EZB erklärt, dass sie die zyprischen Banken ohne internationalen Rettungsplan nur noch bis zum 25. März mit Notkrediten stützen werde.
Am Abend stimmt das zyprische Parlament ersten Maßnahmen eines neuen Rettungsplans zu, darunter einem Gesetz zur Bankensanierung und der Einrichtung eines nationalen Solidaritätsfonds.
Medien berichten über eine Einigung zwischen zyprischer Regierung und Troika auf ein Konzept für die umstrittene Zwangsabgabe auf Bankguthaben.
Präsident Anastasiades reist zu Verhandlungen mit den Euro-Finanzministern nach Brüssel. In der Nacht zum 25. März stimmen die Finanzminister dem Rettungspaket zu.
Am Donnerstag, den 28. März haben die zyprischen Banken nach zwölf Tagen wieder geöffnet. Seit dem 16. März war die Bargeldversorgung nur noch an Geldautomaten möglich. Andere Bankgeschäfte ruhten. Ein Massenansturm auf die Banken blieb aus. Harte Regeln der Notenbank sollen verhindern, dass die Banken sofort nach Öffnung ausbluten. So dürfen pro Person und Konto maximal 300 Euro pro Tag abgehoben werden.
Dem stimmt auch eine Sprecherin des Schweizer Bankenverbandes zu. Sie sagt: "Die Schweiz gilt Aufgrund von Rechtssicherheit und politischer Stabilität als international sicherer Hafen. Das hat sich schon bei früheren Krisen gezeigt." Allerdings hätten die Schweizer Banken kein Interesse an Geldern aus dubiosen Quellen.
Das Geld ist allerdings schon vor der Schließung der Banken am 16. März peu a peu von der Insel verschwunden. Angeblich sollen rund zwei Milliarden Euro bereits ins Ausland geflossen sein. Der zyprische Parlamentspräsident Giannakis Omirou will den Verdacht prüfen, wonach es ungewöhnlich hohe Geldüberweisungen ins Ausland sowie größere Bargeld-Abhebungen gegeben haben soll. Omirou forderte eine Liste mit Überweisungen der vergangenen Wochen an. Zudem untersucht die Regierung in Nikosia, ob auch dann noch hohe Summen ins Ausland transferiert wurden, als die Banken bereits geschlossen hatten und das Online-Banking eigentlich gesperrt war.
Europa
Der Geldabfluss vor der Bankenschließung soll nach Informationen aus der zyprischen Notenbank bei der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgefallen sein: Zyprische Banken forderten demnach viel mehr Geld an als ihre Kunden sich von Geldautomaten holten. Der zyprische Parlamentspräsident will auch prüfen, ob hohe Beamte ihr Geld ins Ausland geschafft haben, die in Entscheidungszentren der Notenbank oder im Präsidialgebäude sitzen und von der bevorstehenden Entscheidung zur Schließung der Banken am 16. März wussten. Zyprische Medien berichteten ohne Quellenangabe, es seien "Unmengen" von Geld abgehoben worden.