Kartellurteil Wie Google die EU-Kommission vorführt

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Spielt Google auf Zeit?

Für die konzernfremden Preisvergleichsportale lohnt es kaum, bei den Auktionen mitzubieten. Die Sichtbarkeit der Konkurrenten hat sich laut eines Foundem-Prüfberichts seit 2017 denn auch nur marginal erhöht, von drei Prozent auf sechs Prozent.

Um der EU-Kommission dennoch die Illusion von viel mehr Wettbewerb zu geben, motiviere der Konzern neuerdings Werbeagenturen, die normalerweise direkt Google-Shopping-Anzeigen buchen, eigene Preisvergleichsseiten aufzubauen oder Anzeigen durch konkurrierende Vergleichsportale bei Google zu buchen. So kann der Konzern unter den Anzeigen einen Link zu jener anderen Seite als Quelle angeben – wo sonst eigentlich Google stehen würde.

Der Link wird einer solchen Werbeagentur zufolge nur von einem Bruchteil der Nutzer angeklickt. Die meisten klicken weiter direkt aufs Produkt, landen beim Onlineshop – und Google bekommt den fälligen Anteil vom Umsatz. Google kommentiert das Manöver so: „Wir sind aufgefordert, alle gleich zu behandeln, die Beschwerdeführer, aber auch jeden, der eine Preisvergleichsseite starten will.“

Die Google-Konkurrenten vermuten inzwischen, dass der Konzern vor allem auf Zeit spielt, der EU-Kommission neues Material zum Prüfen gibt – und am Ende hofft, ohne Strafe davonzukommen. Denn für Google geht es nicht nur um Preisvergleiche, sondern um alle möglichen Dienste wie Maps, die der Konzern mittels der eigenen Suchmaschine promotet. Würden die Amerikaner hier gegenüber der EU zu leicht nachgeben, sei der finanzielle Schaden für den Konzern größer als die drohende Strafe, vermuten die Kläger.
Kommissarin Vestager nimmt sich jedenfalls Zeit. In den transatlantischen Handelsstreit möchte sie nicht hineingezogen werden. Sie will vermeiden, im Falle einer erneuten Strafe dem US-Präsidenten neues Futter für seine EU-kritischen Tiraden zu geben. Die Dänin wird eine Entscheidung also nicht überstürzen. Im Juni erst betonte sie, es sei „zu früh, um zu Schlussfolgerungen zu kommen“.

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