
Ungarns Nationalbank hat den Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgefordert, seine ungarische Repräsentanz zu schließen. Der Präsident der Zentralbank, Gyorgy Matolcsy, schrieb in einem am Montag veröffentlichten Brief an IWF-Chefin Christine Lagarde, man wisse die wertvolle Unterstützung während der vergangenen Jahre zu schätzen. Man halte eine ständige Vertretung des IWF in Ungarn dennoch für „unbegründet“.
Ungarns Schwächen
Einzelne Sektoren wie Banken oder Energie haben in Ungarn mit extremen steuerlichen Belastungen zu kämpfen.
Vor allem in technischen Berufen herrscht in Ungarn Fachkräftemangel.
Trotz des günstigen Investitionsumfelds fiel die Investitionsquote Ungarns auf nur noch 17 Prozent.
Durch das schwindende Vertrauen Ungarns im Ausland sinkt der FDI-Zufluss (Foreign Direct Investment, ausländische Direktinvestitionen)
Durch die Zuspitzung der Kreditklemme im Land drohen Insolvenzen und Zahlungsausfälle.
Ohnehin werde Ungarn den 2008 erteilten IWF-Kredit bis Ende dieses Jahres vollständig zurückzahlen, schrieb Matolcsy weiter. Der seit 2010 amtierenden Regierung von Viktor Orban sei es gelungen, das Haushaltsdefizit unter 3 Prozent zu drücken und die Staatsverschuldung zu senken.
Ungarns Stärken
Ungarn ist ein Transitland mit gutem Infrastrukturangebot sowie Logistikinfrastruktur und gilt als Brückenkopf zu Ost-/Südosteuropa.
Ungarn verfügt über gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte bei niedrigem Lohnniveau.
Das Land gilt als günstiges Umfeld für Investitionen im verarbeitenden Sektor, allem voran im Kfz-Bau.
Ungarn kann zudem mit einer hohen Produktivität sowie vergleichsweise niedrigen Steuern für kleine und mittlere Unternehmen und höhere Einkommen punkten.
Die Wirtschaft des Landes profitiert von einer engen Verflechtung zu Deutschland, insbesondere Süddeutschland.
Mit Ausbruch der globalen Finanzkrise hatten IWF und EU mit einem Notkreditpaket von 20 Milliarden Euro das damals sozial-liberal regierte Ungarn vor dem Staatsbankrott gerettet. Spätere Verhandlungsversuche von Orbans Regierung mit dem IWF scheiterten, weil Budapest keine der Sparauflagen erfüllen wollte.
Matolcsy, seit gut vier Monaten im Amt, ist ein offener politischer Partner des rechtsnationalen Orban. Als Wirtschaftsminister (2010 bis März 2013) galt er als Architekt von Orbans „unorthodoxer“ Wirtschaftspolitik, die auf massiven Sondersteuern für Großunternehmen beruht. Orban plädierte immer wieder mit Nachdruck für „Unabhängigkeit“ vom IWF und anderen westlichen Kreditgebern. Im vergangenen Jahr schrumpfte Ungarns Wirtschaft um 1,7 Prozent.