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Klimawandel Europas Green Deal muss über seine Grenzen hinausreichen

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht bei einer Pressekonferenz über den Green Deal. Quelle: dpa

Der European Green Deal konzentriert sich nur auf Europa – dabei verursacht der Kontinent weniger als zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Wie kann er global werden?

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Simone Tagliapietra und Georg Zachmann sind Fellows beim Brüssler Think Tank Bruegel.

Ursula von der Leyen hat den Klimawandel zur obersten Priorität ihrer Europäischen Kommission erklärt und einen europäischen Green Deal vorgeschlagen, der Europa bis 2050 klimaneutral machen soll.

Das ist gut für Europa und für die Welt.

Der European Green Deal ist gut für Europa, weil die tiefe Dekarbonisierung eine historische Gelegenheit darstellt, die europäische Wirtschaft wiederzubeleben und dem gemeinsamen Projekt Sinn und Zweck zu verleihen.

Der European Green Deal ist gut für die Welt, denn er zeigt, dass das Streben nach Klimaneutralität bis 2050 nicht nur technisch und wirtschaftlich möglich, sondern auch politisch lohnend ist. Eine europäische Vorreiterrolle ist von größter Bedeutung, da der frühzeitige Einsatz von Technologien mit geringem CO2-Ausstoß der Schlüssel ist, um diese Technologien gegenüber den etablierten fossilen Technologien wettbewerbsfähig zu machen, und zwar weltweit.

Ein europäischer Green Deal, der sich nur auf Europa selbst konzentriert, würde jedoch nicht viel zur Eindämmung des Klimawandels beitragen, da der Kontinent weniger als zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verursacht. Die einzige Möglichkeit für Europa, die weltweite Führungsrolle bei der Dekarbonisierung zu übernehmen, besteht darin, über seine Grenzen hinauszugehen.

Das heißt, der europäische Green Deal sollte global werden. Um dies zu erreichen, müssen die Entwicklungsfinanzierungs– und Klimaschutzaktivitäten der Europäischen Union (EU) außerhalb Europas, die heute zwischen der Europäischen Kommission, der Europäischen Investitionsbank (EIB), der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), den nationalen Entwicklungsbanken und einzelne europäische Mitgliedstaaten aufgeteilt sind, konsolidiert und gestrafft werden.

Nehmen wir das Beispiel Afrika. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben eine Vielzahl von Initiativen zur Förderung der Elektrifizierung und Dekarbonisierung auf unserem Nachbarkontinent ins Leben gerufen. Heute ist es im Labyrinth der Initiativen schwer zu verstehen welche Projekte unter welchen Bedingungen von europäischen Partnern finanziert werden können, während China erfolgreich maßgeschneiderte Finanzierungen für den Bau neuer Kohlekraftwerke bereitstellt.

Das fragmentierte europäische System führt zu Überschneidungen, Ineffizienzen und insgesamt höheren Transaktionskosten. Das Geld der europäischen Steuerzahler würde viel besser ausgegeben, wenn es über eine einzige Fazilität abgewickelt würde, die darauf abzielt, die Initiativen der europäischen Institutionen und der Mitgliedstaaten über eine einzigartige Plattform zu koordinieren.

Auch schränkt die beschriebene Zersplitterung die Hebelwirkung Europas für glaubwürdige Reformen des Energiesektors in afrikanischen Ländern ein. Solche Reformen sind aber dringend erforderlich, um auch private Investitionen nach Afrika zu lenken.
Aus diesem Grund sollte Europa die derzeitigen Instrumente zu einer einzigen Finanzinstitution für nachhaltige Entwicklung zusammenfassen, wie zum Beispiel einer „Europäischen Bank für Klima und nachhaltige Entwicklung“, wie sie im vergangenen Jahr von einer hochrangigen Expertengruppe unter Leitung von Thomas Wieser vorgeschlagen wurde.

Eine solche „Europäische Bank für Klima und nachhaltige Entwicklung“ könnte der externe Investitionszweig des Europäischen Green Deal werden und ihn über die Grenzen des Kontinents hinaus erweitern. Ein solcher Ansatz wäre ein dreifacher Gewinn für die EU. Erstens wird dies dazu beitragen, die Klimafinanzierungsverpflichtungen Europas zu erfüllen und die von den meisten Entwicklungsländern im Rahmen des Pariser Abkommens eingegangenen „bedingten“ Emissionsreduktionsverpflichtungen auszulösen. Zweitens würde es der europäischen Industrie, die in vielen kohlenstoffarmen Technologien sehr wettbewerbsfähig ist, ermöglichen, neue Märkte zu finden. Und drittens würde es die wirtschaftliche Entwicklung in den afrikanischen Partnerländern unterstützen, was ein großartiger außenpolitischer Erfolg für Europa wäre.

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