Kompromisssuche mit Labour May will Frist-Verlängerung und mit Labour zusammenarbeiten

Brexit: Theresa May strebt Verlängerung der Brexit-Frist an Quelle: REUTERS

Premierministerin Theresa May will eine weitere Verlängerung der Brexit-Frist beantragen. Gleichzeitig streckt sie die Hand in Richtung Opposition aus, um einen Kompromiss zu finden.

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Angesichts eines drohenden Chaosausstiegs aus der EU setzt die britische Premierministerin Theresa May nun auf einen weiteren Brexit-Aufschub und eine Kompromisssuche mit der Opposition. Sie biete Labour-Chef Jeremy Corbyn überparteiliche Gespräche an, um einen Ausweg zu finden, sagte May am Dienstagabend. „Diese Debatte, diese Spaltung, kann nicht länger weitergehen.“ Das Land werde aber auch eine Fristverlängerung des Austrittstermins über den 12. April hinaus brauchen. Brüssel reagierte verhalten auf Mays neuen Kurs.

Ursprünglich sollte Großbritannien die EU schon Ende März verlassen. Doch die dafür im Brexitvertrag ausgehandelten Modalitäten fanden im Unterhaus keine Mehrheit, so dass der Termin auf den 12. April verschoben wurde. Andererseits scheiterten im Unterhaus auch alle Alternativen zum Brexitvertrag – zuletzt am Montag.

May äußerte sich am Dienstagabend nach siebenstündigen Beratungen mit ihrem Kabinett, das zwischen Befürwortern einer weichen Scheidung von der EU mit engen wirtschaftlichen Verbindungen und Vorkämpfern eines harten Bruchs mit Brüssel gespalten ist. Letztere sind der Meinung, dass ein Austritt ohne jedes Abkommen immer noch besser sei als ein Kompromiss.

In ihrer Ansprache deutete May nun eine Abkehr von der Option eines sogenannten „No-Deal“-Brexits an, womit sie prompt die Hardliner verprellte. Zugleich ließ die Premierministerin durchblicken, dass sie ihren schon drei Mal vom Unterhaus abgeschmetterten Brexit-Pakt nicht abgeschrieben habe. Mays Plan sieht vor, eine Zustimmung zum rechtlich bindenden Teil des Pakts anzustreben, der im Detail die Bedingungen des EU-Ausstiegs festlegt. Zuvor will sie sich nun aber parteiübergreifend Rückendeckung für einen politischen Fahrplan zu den künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU sichern.

Sollten sie und der oppositionelle Labour-Chef Corbyn keine Einigung zustande bekommen, könne das Parlament über eine Reihe von Optionen abstimmen, sagte May. Ihre Regierung sei dann an das Ergebnis der Abstimmungen gebunden. Erstmals versprach May damit ausdrücklich, sich an den Brexit-Kurs der Abgeordneten halten zu wollen.

Wie lange die Brexit-Fristverlängerung sein soll, sagte May zwar nicht. Doch hoffe sie, dass eine Vereinbarung bis zum 22. Mai verabschiedet werden könne. So könne Großbritannien eine Teilnahme an den Wahlen zum EU-Parlament vermeiden.

Corbyn sagte, er würde sich „liebend gern“ mit May zusammensetzen – auch wenn von ihr „bisher kaum Signale für einen Kompromiss“ gekommen seien. Seine Partei werde der Regierungschefin ihre Bedingungen für einen Brexit vorlegen: Dazu gehörten eine enge wirtschaftliche Beziehung zur EU über eine Zollunion, eine Aufrechterhaltung von hohen Umweltstandards und der Schutz von Arbeitnehmerrechten.

Die EU verlangt, dass Großbritannien bis spätestens Ende kommender Woche Vorschläge über das weitere Vorgehen macht, falls das Unterhaus Mays Brexitvertrag nicht doch noch zustimmt. Andernfalls droht in zehn Tagen ein ungeordneter britischer Ausstieg.

EU-Ratspräsident Donald Tusk deutete nach Mays Bekanntgabe an, dass Brüssel nun erst einmal abwarten dürfte. „Wir wissen nicht, was das Endergebnis sein wird. Lasst uns geduldig sein“, twitterte Tusk. Erst am Dienstag hatte EU-Chefunterhändler Michel Barnier gewarnt, ein ungeregelter Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union werde „von Tag zu Tag wahrscheinlicher“. Doch gebe es Hoffnung, ihn zu vermeiden, wenn in London vor dem EU-Sondergipfel zum Brexit am 10. April intensiv daran gearbeitet werde.

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