




Die Brüsseler Behörde erhöhte am Donnerstag ihre Wachstumsprognosen und begründete dies vor allem mit dem günstigeren Öl und dem niedrigen Euro-Kurs. Der gesamten Währungsunion traut die Kommission für 2015 einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,3 statt bisher nur 1,1 Prozent zu.
Im nächsten Jahr dürfte sich das Wachstum auf 1,9 (bisher 1,7) Prozent beschleunigen. Der Ausblick für die Konjunktur habe sich seit der vorigen Prognose im November etwas aufgehellt, sagte Wirtschafts- und Finanzkommissar Pierre Moscovici. "Der Rückgang des Ölpreises und der billigere Euro sorgen für ein willkommenes Doping für die EU-Wirtschaft."
Reaktionen auf EZB-Zinssenkung und Wertpapierkäufe
Die EZB senkt im Kampf gegen eine drohende Deflation ihren Leitzins überraschend auf das neue Rekordtief von 0,05 Prozent. Der Schlüsselsatz für die Versorgung des Bankensystems mit Zentralbankgeld lag seit Juni bei 0,15 Prozent. In der anschließenden Pressekonferenz kündigte Zentralbank-Chef Mario Draghi zudem an, dass die EZB sogenannte Kreditverbriefungen (ABS) sowie Pfandbriefe aufkaufen wird. Ökonomen und Händler sagten dazu in ersten Reaktionen:
"Die EZB hatte ihr Pulver schon viel zu früh verschossen und die Zinsen zu weit gesenkt. Jetzt ist sie in der Liquiditätsfalle. Sie kann an dieser Stelle kaum noch etwas tun. Bedauerlicherweise deutet sich auch der Kauf von Anleihen durch die EZB an. Damit würde sie das Investitionsrisiko der Anleger übernehmen, wozu sie nicht befugt ist, weil es sich dabei um eine fiskalische und keine geldpolitische Maßnahme handelt. Eine solche Politik ginge zulasten der Steuerzahler Europas, die für die Verluste der EZB aufkommen müssten."
"Die Notenbanker argumentieren mit den zuletzt schwachen Konjunkturdaten und der geringen Inflation. Auch die gesunkenen mittelfristigen Inflationserwartungen wurden thematisiert. In diesem Zusammenhang wurden auch die Projektionen für Wachstum und Inflation in diesem Jahr nach unten angepasst. Insofern bleibt die Tür für weitergehende Lockerungsschritte weit geöffnet."
"EZB-Chef Mario Draghi hat geliefert, warum auch immer. Für uns ist das nicht gerade eine glückliche Maßnahme. Alle Banken und Vermögensverwalter sind jetzt in noch größerer Not, ihre Liquidität irgendwo zu parken, ohne bestraft zu werden. Auch die Sparer dürften sich verraten fühlen und werden immer mehr ins Risiko gezwungen."
"Die ökonomischen Wirkungen der heutigen Zinssenkung sind vernachlässigbar. Die EZB hat sich im Vorfeld der Zinsentscheidung unnötig unter Zugzwang gesetzt. Die Gefahr, dass der Euro-Raum in eine gefährliche Deflationsspirale rutscht, ist nach wie vor gering. Auf der anderen Seite wächst mit den Aktivitäten der EZB die Gefahr, dass die in mehreren Euro-Ländern dringend erforderlichen Wirtschaftsreformen weiter verschleppt werden."
"Das ist überraschend. Eine Zinssenkung hatte niemand so richtig auf der Agenda - zumal sie konjunkturell nichts bringt und verpuffen wird. Die Deflationsgefahr lässt sich damit nicht vertreiben. Dazu bedarf es eher eines Anleihen-Kaufprogramms. Die EZB signalisiert mit ihrer Maßnahme aber, dass sie sehr weit zu gehen bereit ist. Das ist eher ein symbolischer Schritt. Die realwirtschaftlichen Folgen sind bescheiden."
"Beginnt jetzt auch EZB-Chef Mario Draghi damit, Geld aus dem Hubschrauber abzuwerfen? Wenn Draghi um 14.30 Uhr mit der Pressekonferenz beginnt, wissen wir mehr. Dann wird sich zeigen, ob die Zinssenkung nur das Vorspiel für weiteres geldpolitisches Feuerwerk sein wird oder er damit den bequemsten Weg wählte, um unkonventionelle Maßnahmen in großem Stil ohne Gesichtsverlust abzuwenden."
"Das war schon eine heftige Überraschung, mit einer Zinssenkung hat kaum einer gerechnet. Bei der Senkung der Zinsen handelt es sich zwar nur noch um Nuancen, aber das ist ein wichtiges Signal an die Kapitalmärkte, dass die EZB bereit ist, alles zu tun, was nötig ist."
Für Schwung dürften auch die weitere Lockerung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgen und das von der Kommission geplante Investitionsprogramm. Zudem müsse es mehr Reformen geben, sagte der für den Euro-Raum zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis.
In Deutschland dürfte die Konjunktur in diesem Jahr um 1,5 Prozent zulegen und im nächsten Jahr um 2,0 Prozent. Bisher hatte die Kommission nur ein Plus von 1,1 und 1,8 Prozent veranschlagt. Für Frankreich erhöhten die Brüsseler ihre Prognose für 2015 auf 1,0 (bisher 0,7) Prozent und für 2016 auf 1,8 (1,5) Prozent.
In Italien erwarten die Experten in diesem Jahr weiter ein Plus von 0,6 Prozent, das sich aber im nächsten Jahr auf 1,3 (1,1) Prozent beschleunigen dürfte. Für Griechenland hingegen zeigte sich die Kommission etwas weniger optimistisch. Das BIP werde hier um 2,5 und 3,6 Prozent steigen. Bisher hatte die Behörde ein Plus von 2,9 und 3,7 Prozent erwartet.
An der Preisfront sprechen die Experten von einem anhaltenden Trend zu niedriger Inflation. Die Verbraucherpreise im Euro-Raum dürften in diesem Jahr um 0,1 Prozent sinken und erst im nächsten Jahr mit 1,3 Prozent wieder spürbar steigen. Bisher hatte die Kommission für 2015 noch ein Plus von 0,8 Prozent erwartet. Die EZB sieht stabile Preise nur bei Werten von knapp unter zwei Prozent gewährleistet.