Konjunkturhilfe May will Milliarden-Fonds für „Pro-Brexit-Städte“

Theresa May Quelle: REUTERS

Mit dem „Stronger Towns Fund“ möchte Theresa May britischen Gemeinden, die den Brexit unterstützen, eine Konjunkturhilfe ermöglichen. Labour-Politiker sprechen von Bestechung. So wird eine Einigung im Brexit-Streit nicht unbedingt wahrscheinlicher.

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Die britische Premierministerin Theresa May will 1,6 Milliarden Pfund (knapp 1,9 Mrd Euro) an Konjunkturhilfen für den Brexit unterstützende Städte bereitstellen. „Gemeinden im ganzen Land stimmten für den Brexit als Ausdruck ihres Wunsches, Veränderungen zu sehen“, erklärte May am Montag die Auflage des „Stronger Towns Fund“. „Dies muss eine Veränderung zum Besseren sein, mit mehr Möglichkeiten und mehr Kontrolle.“ Die Kommunen hätten ein „enormes Potenzial und mit der richtigen Hilfe eine glänzende Zukunft vor sich“.

Der Finanzexperte der oppositionellen Labour Party, John McDonnell, bezeichnete den Fonds hingegen als „Brexit-Bestechung“. Damit wolle sich die Regierung die Zustimmung des Parlaments für ihr Brexit-Abkommen mit der EU erkaufen. Ein Großteil des Geldes soll in Städte im Norden Englands gehen, wo 2016 besonders viele Bürger für einen Austritt ihres Landes aus der EU stimmten. Auch einige Beobachter werten das als Versuch Mays, die Stimmen von Labour-Abgeordneten aus dieser Region für ihre Vereinbarung zu gewinnen.

„Dies ist eine Finanzierung unabhängig vom Ergebnis“, wies der für Kommunen zuständige Minister James Brokenshire im BBC Hörfunk solche Vorwürfe zurück. Das Geld könne den Übergang erleichtern. „Es kann den Unterschied ausmachen, wenn es darum geht, Arbeitsplätze zu schaffen, die Fähigkeiten tatsächlich einzusetzen und das Leben der Menschen in einer modernen, positiven Wirtschaft zu verändern“, sagte er.

May will bis zum 12. März das Parlament erneut über das mit der EU vereinbarte Ausstiegsabkommen abstimmen lassen. Bei einem ersten Votum im Januar hatte sie eine krachende Niederlage erlitten. Doch die Hoffnungen auf einen baldigen Durchbruch im Brexit-Streit könnten einem Medienbericht zufolge verfrüht sein. Wie der britische „Telegraph“ am Montag berichtete, zeichnet sich bei den Nachverhandlungen in Brüssel kein Ergebnis ab, das die Forderungen der Brexit-Hardliner in London zufriedenstellen dürfte.

Um Zugeständnisse der EU herauszuhandeln, reisen Brexit-Minister Stephen Barclay und Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox an diesem Dienstag erneut zu einem Gespräch mit EU-Chefunterhändler Michel Barnier nach Brüssel. Im Anschluss an das Treffen seien jedoch keine Pressetermine geplant, sagte EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas.

Cox, dessen Einschätzung der Verhandlungsergebnisse als maßgeblich für einen Durchbruch gilt, zeigte sich empört über die Berichterstattung im „Telegraph“. Das meiste daraus entspreche nicht der Wahrheit, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Konkrete Details nannte er jedoch nicht. „Komplexe und detaillierte Verhandlungen können nicht in der Öffentlichkeit geführt werden“, so Cox.

Vergangenen Woche hatten führende Brexit-Befürworter Hoffnung auf einen Durchbruch geweckt, indem sie versöhnliche Töne anstimmten. So hatte der einflussreiche Tory-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg angedeutet, er könne sich mit einem Zusatzdokument zum Brexit-Abkommen zufrieden geben. Bislang hatten die Gegner des von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelten Deals auf eine Änderung des Vertragstextes selbst bestanden.

Inhaltlich gibt es jedoch keine Anzeichen für eine Annäherung. Die Brexit-Hardliner fordern eine zeitliche Befristung oder ein einseitiges Kündigungsrecht für die im Abkommen vereinbarte Garantie einer offenen Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Die als Backstop bezeichnete Regelung sieht vor, dass Großbritannien so lange als Ganzes Teil einer Zollunion mit der EU bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Kritiker befürchten, das Land könne so dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben.

Brüssel ist bereit, Zusicherungen zu geben, dass der Backstop nicht als Dauerlösung gedacht ist. Ein Ablaufdatum oder ein einseitiges Kündigungsrecht lehnt die EU aber kategorisch ab. Die Bemühungen der britischen Regierung konzentrierten sich daher inzwischen auf ein Schiedsverfahren, sollten London und Brüssel uneins darüber sein, wann der Backstop wegfallen soll, berichtete der „Telegraph“. Ob sich damit die Widerstände im Parlament überwinden ließen, sei aber zweifelhaft.

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