Krieg in der Ukraine Der Frieden von Minsk ist Makulatur

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Europas Niederlage wäre Wladimir Putins größter Erfolg

Wenig spricht dafür, dass sie dem „Minsk-Prozess“ in München wieder Leben einhauchen werden. Selbst wenn die Herrschaften es wollten: Die faktischen Kriegsparteien, Kiew und Moskau, könnten der Dynamiken kaum Herr werden.

Dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko fehlt im Parlament die Mehrheit, um die Autonomie per Gesetz durchzusetzen; zudem drohen Nationalisten im Falle von Konzessionen an die Radikalen mit Gewalt.

Und die Russen, so wirkt es, werden die (separatistischen) Geister, die sie riefen, nicht mehr los. Für die Warlords in den besetzten Gebieten sind Schmuggel, Geldtransfers und Waffenhandel zu einträglich, als dass sie so einfach die Waffen niederlegen würden.

Die Sanktionen der EU und USA gegen Russland

Die Situation ist völlig festgefahren. Falls Minsk-II irgendwann erfüllt werden sollte, bedarf es eines robusten Mandats für UN oder OSZE zur Überwachung von Waffenstillstand, Wahlen, sowie der Entwaffnung. Dem würde, Stand jetzt, Russland nicht zustimmen.

Für den Kreml ist die Situation im „Donbass“ überdies sehr komfortabel: Die Intensität des Krieges hat abgenommen, das senkt Kosten und Reputationsschäden. Finanzielle Hilfen an die Separatistengebiete belaufen sich auf ein bis zwei Milliarden Euro, das ist überschaubar.

Klar, die Sanktionen des Westens dürften ohne Erfüllung des Minsk-II-Abkommens intakt bleiben, doch darauf hat sich die russische Binnenwirtschaft eingestellt. Wohl spekulieren die Russen darauf, die Europäer zu einem schrittweisen Lockern der Sanktionen gegen ein scheibchenweises Umsetzen von Minsk zu überreden.

Kurzum: Bei der Lösung der Ost-Ukraine kann Moskau auf Zeit spielen. Weiter westlich läuft dagegen die Zeit davon: Solange der Krieg im Osten nicht befriedet ist, bleibt die Ukraine ein schwieriges Pflaster für die so dringend benötigten Investitionen, sogar Handelsbeziehungen halten viele Unternehmen wegen der politischen Instabilität auf Sparflamme.

Hinzu kommt, dass die Ukrainer ob des schleppenden Kampfs gegen Korruption zunehmend ihre Geduld mit der pro-europäischen Regierung verlieren; gesellschaftliche Spannungen könnten sich alsbald in einer neuen „Revolution“ entladen. Europa kann in Anbetracht vieler eigener Probleme weder neue Krawalle noch eine Ukraine, die finanziell am eigenen Tropf hängt.

Zudem gilt für viele EU-Politiker weiterhin, dass man die Ukrainer in ihrer Europa-Orientierung nicht enttäuschen darf. Moskau spekuliert genau darauf: dass die Ukraine wirtschaftlich und politisch scheitert, angeblich weil sie sich weg von Russland hin zu Europa orientiert. Europas Niederlage wäre für Putins Großmachtpolitik der größte denkbare Erfolg.

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