Krim-Krise Russlands Nachbarn zittern vor Putin

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Rumänien und Bulgarien, Moldawien

Rumänien und Bulgarien

Die amerikanische Kriegsmarine schickte vergangene Woche einen Zerstörer ins Schwarze Meer – zum Manöver mit bulgarischen und rumänischen Streitkräften. Washington will den Nato-Mitgliedern damit Unterstützung signalisieren. Zwar sind militärische Aggressionen der Russen gegen beide Länder ganz unwahrscheinlich, aber gerade Bulgarien wäre bei einem Stopp der Energieexporte aufgeschmissen: 98 Prozent ihres Öls und mindestens 85 Prozent des benötigten Gases beziehen die Bulgaren aus Russland – die heimische Steinkohle reicht nicht einmal für den eigenen Bedarf.

Kein Wunder, dass Bulgarien im Kreis der 28 EU-Länder am deutlichsten vor harten Sanktionen gegen Russland warnt. Viel unabhängiger von Moskau sind dagegen die Rumänen, deren Erdöl zu 43 Prozent aus eigener Produktion stammt, beim Erdgas sind es sogar 78 Prozent. Der Krim-Konflikt macht den Rumänen aus anderen Gründen Sorgen: Eine Flüchtlingswelle aus dem Nachbarland Ukraine wäre für das arme Land kaum zu verkraften. Und ganz schlimm käme es, wenn die starke Minderheit der ethnischen Ungarn im Nordwesten des Landes nach dem Vorbild der Russen auf der Krim versuchen würde, die Staatsgrenzen zu verschieben.

Moldawien

Als die Sowjetunion zerfiel und der Nationalismus neu erwachte, wollten die Moldawier nur mehr Rumänisch sprechen – und schafften Russisch als Amtssprache ab. Das trieb 1990 die Bewohner der Region Transnistrien dazu, ihre Unabhängigkeit zu erklären. Damit entstand der erste De-facto-Staat im erodierenden postsowjetischen Raum. Auf dem Territorium im Grenzgebiet zwischen Moldawien und der Westukraine sind derzeit russische Truppen stationiert. Bereits 2006 stimmte die Möchtegernrepublik Transnistrien in einem Referendum für einen Anschluss an Russland. Nun soll die Staatsduma erneut über die Aufnahme des fernen Landstrichs beraten.

Während die Region Transnistrien am Tropf des Kremls hängt, drängt Moldawien nach Europa. Ähnlich wie Georgien hat das kleine Land, das wirtschaftlich eng mit Rumänien verknüpft ist, Fortschritte bei der Übernahme von EU-Standards gemacht. Im Sommer soll das Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet werden, was dem Land über die Öffnung des EU-Wirtschaftsraums ökonomische Vorteile und Rechtssicherheit bringen soll. Bis dahin ist der Weg allerdings noch weit. „Russlands Erfolge in der Nachbarschaft werden Moskau wohl verleiten, den Druck auf die Republik Moldawien zu erhöhen“, fürchtet Stanislav Secrieru vom European Council on Foreign Relations. Im November sind zudem Wahlen – und die proeuropäische Regierungskoalition steht unter Beschuss: Trotz hoher Wachstumsraten sind Umfragen zufolge mehr als 70 Prozent der Moldawier mit dem Kurs der Regierung unzufrieden. Die Übernahme der EU-Standards hat ökonomische Härten zur Folge. Bald könnte Moskau die Visa für moldauische Gastarbeiter verweigern, um weiter Druck zu machen. Womöglich schlägt in Chisinau bald die Stunde der Populisten.

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