Krisenherd in der Euro-Zone Kann Frankreich das neue Griechenland werden?

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Berlin geht lieber in Deckung

Sollte für Frankreich ein ähnliches Hilfsprogramm aufgelegt werden wie für Griechenland, wäre mit einer Flucht aus deutschen Staatsanleihen zu rechnen. Der steile Anstieg der Bundrenditen seit Mitte April wäre dagegen ein Spaziergang. Doch, wie schon zuvor im Fall Griechenland, duckt sich Berlin lieber weg vor herannahenden Problemen. Für Paris ist das eine Einladung, sich auch in Zukunft nicht an getroffene Vereinbarungen wie den Stabilitätspakt zu halten. Als zusätzliche Belohnung winken gar noch Kooperationen im Rüstungsbereich.

Nachdem Deutschland bereits Kompetenzen in der Luftfahrttechnik weit unter Wert an Airbus (vormals EADS) und damit an Frankreich abgetreten hat, droht nun ein ähnlicher Aderlass in der Satellitentechnologie und im Panzerbau. Die Bundesregierung will Frankreich einen Scheck über 210 Millionen Euro ausstellen für die Entwicklung eines Spähsatelliten. Der Satellit hätte auch in Deutschland entwickelt werden können. Schlimmer noch als der wirtschaftliche Schaden: Deutschland verliert Kompetenzen in der Militäraufklärung und wird wohl bald abhängig sein von französischen Satellitenaufnahmen.

Eine unerträgliche Vorstellung: In Krisenfällen wäre der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Etwa mit Blick auf Afrika, wo Frankreich wieder energisch seine alten hegemonialen Interessen verfolgt. Die 6.000 Soldaten starke deutsch-französische Brigade steht schon bereit. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht darin offenbar die Keimzelle einer europäischen Armee, um Russland Paroli bieten zu können. Nach dem von Juncker-Vorgänger José Manuel Barroso eingefädelten EU-Assoziationsabkommen mit der Ukraine wäre das erneut ein Schlag in dieselbe unselige Kerbe. Auf Unterstützung aus Paris kann sich Juncker gewiss verlassen.

Nach der europäischen Armee käme dann nämlich ein EU-Verteidigungshaushalt. Ähnlich wie beim EU-Agrarhaushalt würde Frankreich mit seinen hohen Militärausgaben und seiner Rüstungsindustrie am meisten davon profitieren. Die gemeinsamen Verteidigungsausgaben finanzierten sich aus einem EU-Haushalt, der nach Berechnungen von Franz-Ulrich Willeke, emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg, zwischen 1976 bis 2008 kaufkraftbereinigt zu mehr als der Hälfte durch deutschen Nettobeiträge gespeist wurde. Die EU als ewige Umverteilungsmaschine. Im Idealfall - aus Sicht von Paris - könnten die französischen Beschaffungsprogramme dann vollständig über die Europäische Verteidigungsagentur abgewickelt werden. Et voilá.

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