Ländervergleich Baerbock will höhere Benzinpreise: So teuer ist der deutsche Sprit im Europavergleich

Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will 16 Cent für den Liter Benzin an der Zapfsäule mehr Quelle: dpa

Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock fordert 16 Cent mehr pro Liter Benzin ab 2023. Dabei liegen die deutschen Benzinpreise schon jetzt auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren. So sieht das im Rest Europas aus.

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Wenn die Grünen tatsächlich stärkste Kraft bei der Bundestagswahl werden sollten, müssten Autofahrer wohl noch kräftiger in die Tasche greifen. Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will 16 Cent für den Liter Benzin an der Zapfsäule mehr. Sechs Cent Preiserhöhung waren es bereits zum Jahresbeginn, weil erstmalig der CO2-Preis auch auf Benzin wirkte. „Wir sagen, dass das schrittweise weiter angehoben werden muss auf die 16 Cent, die Robert Habeck erwähnt hat“, sagte die designierte Kanzlerkandidatin ihrer Partei.

Die Forderung stößt auf scharfe Kritik. Vor allem die SPD lässt mit ihren Attacken nicht locker. So hatte der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bereits am Donnerstag davor gewarnt, den Benzinpreis zu erhöhen. Wer dies tue, der zeige, wie egal ihm die Nöte der Bürger seien. Und auch die SPD-Chefin Saskia Esken schlägt in dieselbe Kerbe. „Wer jetzt wie Annalena Baerbock oder auch Andreas Jung von der CDU an der Spritpreis-Schraube drehen will, jagt gerade denen einen Schrecken ein, die auf ihr Auto angewiesen sind und die mit einem schmalen Budget haushalten müssen“. Der CSU-Generalsekretär Markus Blume warf den Grünen vor, in der Klimadebatte ideologisch vorzugehen. „Wir werden nicht zulassen, dass der ländliche Raum und die Pendler einseitig die Lasten tragen sollen“, sagte Blume. Und: Mehrere Umweltverbände warnten eindringlich vor einem „unredlichen“ Wahlkampf auf Kosten des Klimas.

Die Benzinpreise liegen schon jetzt auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. Im Mai kostete ein Liter Super E10 im Schnitt 1,483 Euro, 1,7 Cent mehr als im April. Das meldete der ADAC am Dienstag. Auch Diesel wurde teurer: Ein Liter kostete im Schnitt 1,331 Euro, 2,2 Cent mehr. Damit hat der Benzinpreis laut ADAC das höchste Niveau seit Mai 2019 erreicht, der Dieselpreis sogar seit November 2018. Teuerster Tag sowohl des Monats als auch des bisherigen Jahres war demnach der 30. Mai. Ursache für die hohen Benzinpreise ist laut ADAC der Anstieg der Rohölpreise. In diesem Jahr sind Rohstoffe aller Art deutlich teurer geworden.

Wie kommt Baerbock auf 16 Cent Erhöhung beim Benzinpreis?


Wie stehen die deutschen Benzinpreise im Europavergleich dar?

Am teuersten ist nach Angaben des Schweizer Automobilclubs TCS das Superbenzin durchschnittlich derzeit in den Niederlanden (1,79 Euro pro Liter) und Dänemark (1,71 Euro pro Liter). Dieselfahrer müssen in der Schweiz (1,61 Euro pro Liter) und Großbritannien (1,51 Euro/Liter) am tiefsten in die Tasche greifen. Deutlich günstiger tankt man in Ungarn, Polen, Spanien und Slowenien. Die Benzinpreise in Deutschland liegen sowohl beim Super als auch Benzin im Europavergleich auf Rang 8 und damit im Durchschnitt.


LandSuper in EuroDiesel in Euro
Belgien1,541,49
Dänemark1,711,48
Deutschland1,511,33
Frankreich1,541,41
Griechenland1,611,33
Großbritannien1,471,51
Italien1,631,49
Kroatien1,371,32
Luxemburg1,301,18
Niederlande1,791,40
Österreich1,251,19
Polen1,161,14
Schweiz1,521,61
Slowenien1,191,24
Spanien1,171,08
Tschechien1,251,15
Ungarn1,231,23

Quelle: TCS (Stand: 19.05.2021)


Warum ist der Benzinpreis so hoch?

Die Benzinpreise hängen vor allem an den Rohölpreisen. Und die sind seit Anfang 2019 beispielsweise alleine um 25 Prozent gestiegen. Grund hierfür war der Konflikt zwischen den USA und dem Iran. Die Spannungen hatte zur Folge, dass kein Land mehr iranisches Öl straffrei importieren durfte, wodurch es zu Engpässen kam.


Wie setzt sich der Benzinpreis zusammen?

Mineralölkonzerne, Tankstellenbetreiber, der Staat: alle verdienen an Diesel und Benzin – und lenken den Verbrauch in eine bestimmte Richtung. Die Preise an der Zapfsäule ergeben sich unterm Strich also aus mehreren Posten. 

Der Staat ist der Grund für die unterschiedliche hohe Energiesteuer je nach Kraftstoffart. Steuern machen den größten Anteil am Spritpreis aus. Für Benzin liegt der Energiesteuersatz bei 65,45 Cent je Liter, für Diesel werden 47,04 Cent fällig. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer von 19 Prozent. Sie wird auf den Warenpreis und die Energiesteuer erhoben. Insgesamt erhält der Staat damit beim Benzin etwa 64 Prozent der Tankrechnung als Steuern. 

Mit dem restlichen gute Drittel werden die eigentlichen Kosten für das Produkt von der Rohölquelle über den Transport nach Deutschland und die Weiterverarbeitung bis zur Zapfsäule sowie die CO2-Abgabe bezahlt. Und natürlich wollen die Mineralölkonzerne einen möglichst hohen Gewinn erzielen.


Wann sind die Benzinpreise am günstigsten?

In der Regel können Verbraucher zwischen 18 und 19 Uhr am günstigsten tanken. Nachts steigt der Preis dann wieder: Von 23 bis 8 Uhr (Folgetag) ist der Benzinpreis üblicherweise am höchsten. Meist schwankt der Benzinpreis pro Liter im Verlaufe des Tages um 8,3 Cent.



Wozu gibt es den CO2-Preis?

Der Staat nimmt in den kommenden Jahren immer mehr Geld aus der CO2-Bepreisung im Verkehr und im Gebäudebereich ein – dieses Geld könnte auch für die Senkung der EEG-Umlage und damit zur Entlastung der Stromkunden eingesetzt werden.

Zum Start in diesem Jahr lag der Preis bei 25 Euro pro Tonne, er soll nach den bisherigen Plänen bis 2025 schrittweise auf 55 Euro steigen. Die Folge: Heizen mit fossilen Energieträgern und Tanken mit Benzin und Diesel wird teurer geworden. 

Damit aber die Lenkungswirkung eintritt und mehr Menschen sich Autos mit alternativen Antrieben oder neue Heizungen anschaffen, wollen zum Beispiel die Grünen den Preis schneller erhöhen – und zwar bereits auf 60 Euro im Jahr 2023. Damit wäre man dann wieder bei den umstrittenen 16 Cent. 

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Zur Vollständigkeit gehört noch dazu: Im Wahlprogramm versprechen die Grünen ein „Energiegeld“, mit denen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bürger zurückverteilt werden. Doch das ist bisher nur ein Versprechen.

Mehr zum Thema: Wie Annalena Baerbock auf diese Preiserhöhung kommt, erklärt unsere Redakteurin im Video.


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