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Le Pen ante portas Der Front National wird unterschätzt

Der Front National hat sich als zweite politische Kraft in Frankreich etabliert. Ein Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2017 rückt näher.

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Europas Rechtspopulisten sind angezählt
Bernd LuckeMinus fünf Prozent Land: Deutschland Partei: Alternative für Deutschland Politiker: Bernd Lucke Jüngster Umfragewert: 5% Höchster Wert: 10% (2014) Nächste Wahl: 2017 Liegt es an internen Streitereien, an der halbherzigen Verbrüderung mit Pegida? Fakt ist: Die AfD steckt im Umfragetief. Gerade dass Lucke all die Vorlagen aus Athen nicht nutzen kann, nährt Zweifel am langfristigen Erfolg. Quellen: Forsa, Opinium, YouGov, Norstat, CSA, Demoskop, TNS, Peil, Taloustutkimus, Unique Research Quelle: dpa
Geert WildersMinus elf Prozent Land: Niederlande Partei: Partij voor de Vrijheid Politiker: Geert Wilders Jüngster Umfragewert: 22% Höchster Wert: 33% (2013) Nächste Wahl: 2016 Mit seiner blonden Tolle taugt Wilders nach wie vor als Posterboy der Islamkritiker. Im April tritt er bei der FPÖ in Wien und bei Pegida in Dresden auf. Daheim sinkt der Zuspruch, bei der jüngsten Regionalwahl reichte es nicht mal in Wilders’ Heimatstadt Venlo zum Sieg. Quelle: AP
Heinz-Christian StracheMinus vier Prozent Land: Österreich Partei: Freiheitliche Partei Österreichs Politiker: Heinz-Christian Strache Jüngster Umfragewert: 24% Höchster Wert: 28% (1996) Nächste Wahl: 2018 Die FPÖ ist da, wo andere Rechtspopulisten hin wollen: im Kreis der Großen. Seit Jörg Haiders Zeiten ist sie mit Sozialdemokraten und Konservativen auf Augenhöhe, für den Sieg reicht es bis heute nicht. Quelle: dpa
Jimmie AkessonKeine Änderung Land: Schweden Partei: Sverigedemokraterna Politiker: Jimmie Akesson Jüngster Umfragewert: 14% Höchster Wert: 14% (2015) Nächste Wahl: 2018 Der Erfolg bei der Wahl 2014 hat nicht nur die politische Konkurrenz überfordert: Parteichef Åkesson fällt seit Herbst wegen eines Burn-outs aus. Für Ostern hat er „traurige“ Neuigkeiten angekündigt – seine Partei wartet in Schockstarre. Quelle: AP
Kristian Thulesen Dahl Dansk Folkeparti Quelle: REUTERS
Marine Le PenMinus sieben Prozent Land: Frankreich Partei: Front National Politiker: Marine Le Pen Jüngster Umfragewert: 25% Höchster Wert: 32% (2014) Nächste Wahl: 2017 Die Departementwahlen Mitte März sollten den ersten Wahlsieg bringen, danach käme die Präsidentschaft, so Le Pens Kalkül. Nichts da. Statt des Rechtsrucks ein bekanntes französisches Muster: Die Wähler spielen gerne mit dem Feuer – in der Wahlkabine siegt die Vernunft. Quelle: AP
Nigel Farage Quelle: REUTERS

"It´s the economy, stupid!" Mit diesem Wahlkampfslogan gewann Bill Clinton 1992 die US-Präsidentschaftswahlen. Ein Jahr zuvor lag Clinton in den Zustimmungswerten noch hoffnungslos hinter Amtsinhaber George Bush zurück. Auch für die Zukunft der Eurozone und der Europäischen Union (EU) wird die wirtschaftliche Entwicklung die entscheidende Rolle spielen.

Vorweg: Es sieht nicht gut aus. Der zarte Konjunkturaufschwung wird nicht ausreichen, um die Arbeitslosigkeit nennenswert zu reduzieren. Und so können die populistischen Parteien in Europa mit weiterem Zulauf und Wahlsiegen rechnen. Für eine aktive Reformpolitik wird die Zeit allmählich knapp.

Wie radikal ist der Front National?

Mit dem Erfolg bei den französischen Départements-Wahlen Ende März ist der Front National (FN) in eine neue Dimension aufgestiegen. Dass der FN selbst keines der insgesamt 101 Départments übernehmen konnte, spielt für diese Einordnung überhaupt keine Rolle.

Der FN kam in vielen Départments im zweiten Wahlgang auf atemberaubende 40 Prozent der Stimmen. In einem Mehrheitswahlsystem reicht das nicht, um an die Macht zu kommen. Der FN wird trotz 22 Prozent der Stimmen im zweiten Wahlgang nur 62 der insgesamt 4108 Mitglieder in den Départements-Räten stellen. Doch im Dezember sind in Frankreich Regionalwahlen terminiert. Bei ihnen kommt ein Mischsystem aus Mehrheits- und Verhältniswahl zum Einsatz. Dann dürfte die Stunde von Parteichefin Marine Le Pen schlagen.

Front National auf Wählerfang

Schon vor den beiden Urnengängen zu den Départements-Wahlen konnte sich der FN als Wahlsieger sehen. Als einzige Partei war er in nahezu allen der insgesamt 2054 Wahlkreisen mit eigenen Kandidaten präsent. Der FN ist in Frankreich erstmals flächendeckend vertreten und damit auch für die Präsidentschaftswahl 2017 bestens aufgestellt. Trotz seiner organisatorischen und personellen Fortschritte wird der FN aber immer noch unterschätzt.

Politischer Konsens in Frankreich ist, dass Marine Le Pen die zweite Runde einer Präsidentenwahl nicht gewinnen kann. Darauf verlässt sich die konservative Oppositionspartei UMP des ehemaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Der UMP geht davon aus, dass sich FN und Sozialisten (PS) gegenseitig neutralisieren. Bei den Präsidentenwahlen 2002 hatte Marine Le Pens Vater Jean-Marie den Sozialisten Lionel Jospin aus dem Rennen geworfen.

Aber Vorsicht: Dem FN gelingt es, immer mehr Wähler von den Sozialisten abzuwerben und Sarkozy kann bis 2017 noch über seine verschiedenen Skandale und anhängigen Gerichtsverfahren stolpern. Die UMP käme aktuell nicht einmal auf ein Drittel der Wählerstimmen.  Außerdem bekommt der FN jetzt auch Zulauf aus Bevölkerungskreisen, die früher nie für den FN gestimmt hätten. Dazu gehören unter anderem Homosexuelle und gar Juden. 2012 haben bei den Präsidentenwahlen 13,5 Prozent der wahlberechtigten Juden in Frankreich für die zuvor unter Jean-Marie Le Pen offen antisemitische Partei gestimmt. Der Anschlag auf das Satireblatt „Charlie Hebdo“ dürfte weitere jüdische Wähler für den FN mobilisiert haben. Der FN hat sich als zweite politische Kraft in Frankreich etabliert.

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