Lizenzen Schäuble will Lizenz-Steuerschlupfloch schließen

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Eine Milliarde in der Tasche

Die Wiener Regierung erhofft sich allein von der Lizenzschranke Mehreinnahmen von rund 100 Millionen Euro im Jahr. Auf Deutschland hochgerechnet, könnte eine solche Lizenzschranke ungefähr eine Milliarde Euro pro Jahr einbringen. Das macht jeden Finanzpolitiker sinnlich. Deshalb arbeitet Schäubles Truppe intensiv an der Vorbereitung einer Lizenzschranke beziehungsweise an einer entsprechenden Quellensteuer. Probleme mit dem EU-Recht und dem Grundgesetz, die der Münchner EY-Experte Christian Ehlermann auch für Deutschland sieht, hält man im Ministerium für eingrenzbar. Mit der Milliarde in der Tasche könnte Schäuble auch ein anderes Versprechen einlösen und die steuerliche Forschungsförderung ausbauen.

Die Steuerflüchtlinge unter deutschen Unternehmern
Klaus-Michael KühneSein Vermögen wird auf sieben bis acht Milliarden Schweizer Franken geschätzt. Bekannt ist Kühne in Deutschland als Großaktionär der Hamburger Reederei Hapag Lloyd und als Investor des Hamburger SV. An der Spedition Kühne+Nagel hält der 76-Jährige 53,3 Prozent. 1966 verlegte er den Firmensitz in die Schweiz. Quelle: dpa
Die Familie LiebherrAuf ein Vermögen von sieben bis acht Milliarden Franken hat es die Familie Liebherr mit Baumaschinen, Haushaltsgeräten und Hotels gebracht. Der Firmensitz der Dachgesellschaft wurde 1982 in die Schweiz verlegt. Quelle: dpa
Die Familie JacobsDas Geschäft der Familie begann mit einem Kolonialwarenladen in Bremen und wuchs zu einem internationalen Lebensmittelkonzern. Rund 19 Prozent des Zeitarbeitskonzerns Adecco gehören den Jacobs. Der Schweizer Schokoladenkonzern Barry Callebaut gehört zu rund 70 Prozent dem Familienunternehmen. Auf rund sieben bis acht Milliarden Euro wird das Vermögen der Familie Jacobs geschätzt. (Im Bild: Klaus J. Jacobs) Quelle: AP
Die Familie von FinckSeit 1999 lebt der ehemalige Geschäftsführer der Privatbank Merck Finck & Co., August von Finck, in der Schweiz. Ihr Vermögen von rund 5,5 Milliarden Franken hat die Familie unter anderem in die Hotelkette Mövenpick investiert. Quelle: dpa
Die Wella-Erben2003 verkauften die Mitglieder der Wella-Gründerfamilie Ströher das Haarprodukte-Unternehmen für mehr als sechs Milliarden Euro an Procter & Gamble. Das Vermögen der Familie wird auf 4,5 Milliarden Franken geschätzt. Quelle: dpa-dpaweb
Karl-Heinz KippAuf 4,5 Milliarden Schweizer Franken wird das Vermögen des 89-jährigen Karl-Heinz Kipp geschätzt. Der ehemalige Eigentümer der Massa-Märkte besitzt mit dem Tschuggen Grand Hotel in Arosa und dem Carlton in St. Moritz zwei Fünfsterne-Hotels. Quelle: PR
Erich und Helga Kellerhals21,6 Prozent halten der Mediamarkt-Gründer Erich und Helga Kellerhals an der Metro-Tochter Media Saturn. Bei wichtigen Entscheidungen haben sie immer noch ein Vetorecht. Geschätztes Vermögen: Vier bis 4,5 Milliarden Franken. Quelle: dpa

Zwar soll es eine allgemeine Förderung sämtlicher privaten Forschungs- und Entwicklungsausgaben (F&E) nicht geben, da dies mit zu hohen Steuerausfällen verbunden wäre. Aber eine Begünstigung ausgewählter F&E-Aktivitäten käme Schäuble gut zupass. Ein Modell wäre, nur die Lizenzzahlungen für neue Patente steuerlich zu begünstigen. Das hätte für Schäuble den Charme, dass es unter Berücksichtigung einer Anlaufdauer bis zur praktischen Patentverwertung von oft fünf Jahren frühestens in der nächsten Legislaturperiode zu Steuerausfällen käme.

Ein anderes, nicht ganz so restriktives Modell umfasst F&E-Ausgaben im technologischen Bereich. Jobst Wilmanns, Leiter Transfer Pricing beim Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte, berichtet von entsprechenden Diskussionen um mögliche Steuerrabattierungen. Für Prognosen über mögliche Steuerausfälle fehlen allerdings volkswirtschaftliche Daten. In Industriekreisen spricht man von weniger als einer Milliarde Euro, die bei patentbasierter Steuerförderung dem Fiskus entgingen. Das wiederum entspricht fast genau der Summe, die durch eine Lizenzschranke zusätzlich in die Staatskasse käme.

Doch wie beim Vorbild Österreich wird es Schäuble nicht bei Lizenzschranke und Steuerrabatt belassen wollen. Im Kampf gegen die grenzüberschreitenden Steuergestalter sollen die Finanzbeamten noch strenger als bisher die Unternehmensabschlüsse prüfen. Lizenzzahlungen ins Ausland – insbesondere für Marken- und Vertriebsrechte – will das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn genau auf Plausibilität und Sinnhaftigkeit kontrollieren.

Eigentlich würde Schäuble diese Maßnahmen gern im OECD-weiten Rahmen beschließen. Der nationale Alleingang, den der Minister nun vorbereiten lässt, ist für ihn nur die zweitbeste Lösung.

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