Lobbyismus Die EU braucht strengere Regeln für den Wechsel aus der Politik

Die Drehtüren sind gut geölt: Eine Studie von Transparency International zeigt, dass 30 Prozent der Europaabgeordneten und mehr als 50 Prozent der EU-Kommissare lukrative Anschlussposten in der Privatwirtschaft gefunden haben.

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Eine neue Studie von Transparency International beklagt in einer neuen Untersuchung eine große Verstrickung von EU-Politikern und -Kommissaren mit der Wirtschaft. Quelle: dpa

Einige Umsteiger sind bekannt: Der frühere EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wechselte im vergangenen Jahr zum Finanzriesen Goldman Sachs. Die frühere Digitalkommissarin Neelie Kroes, deren Name in den Bahama-Leaks auftauchte, macht mittlerweile Lobby-Arbeit für den Taxi-Konkurrenten Uber. Die Fälle haben für Empörung gesorgt. Sie haben bisher allerdings noch nicht dafür gesorgt, dass die Regeln für den Übergang aus der Politik in die Wirtschaft ausreichend verschärft worden wären. „Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will, dass die EU eine führende Rolle einnimmt, was Integrität und Ethik angeht“, betont die Nicht-Regierungsorganisation Transparency International in einer aktuellen Studie. „Aber die aktuellen Regeln hinken hinter dem her, was international an Best Practice existiert.“

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Akribisch listet Transparency in der Studie auf, in welch großem Ausmaß EU-Politiker nach dem Ende ihres Mandats in Lobby-Posten wechseln. 30 Prozent der Europaabgeordneten, die 2014 aus dem Parlament ausgeschieden sind, haben einen lukrativen Anschlussposten bei einer Organisation gefunden, die im EU-Lobbyregister aufgelistet ist. Bei den Kommissaren war der Anteil noch höher: Er liegt bei über 50 Prozent. Bestimmte Unternehmen zeigen ein besonderes Geschick, ehemalige Entscheider aus der Politik anzulocken: 57 Prozent der Google-Lobbyisten haben zuvor für EU-Institutionen gearbeitet.

Transparency International betont in der Studie ausdrücklich, dass der Austausch von Personal zwischen Politik und Wirtschaft positive Effekte haben kann, weil Wissen zwischen den Sektoren fließt. Allerdings gebe es auch Risiken, zu denen Interessenskonflikte zählten und „zeitversetzte Gegenleistungen“.

Die Gefahr solcher unethischen Geschäfte steigt, je schneller der Wechsel aus der Politik stattfindet. Transparency International kritisiert, die Abkühlperiode von 18 Monaten für Kommissare als „unangemessen“ und schlägt drei Jahre für Kommissare vor und fünf Jahre für den Kommissionspräsidenten. Noch schlimmer: Für Europa-Abgeordnete gibt es bisher überhaupt keine Regeln, welche Jobs sie übernehmen können, wenn ihr Mandat endet. Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da die Europa-Abgeordneten bisher strengere Regeln für die Übergangsfristen von Kommissaren gefordert haben. Transparency plädiert für eine Übergangsfrist von sechs bis 24 Monate je nach Dauer des Mandats.

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