Lobbyismus Die EU braucht strengere Regeln für den Wechsel aus der Politik

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Schnelle Drehtür in die Wirtschaft

Wie dringend Regeln für die Abgeordneten notwendig wären, belegen zahlreiche Wechsel in den Lobbyismus. So arbeitet die liberale Britin Sharon Bowles für die Londoner Börse, nachdem sie zuvor den einflussreichen Ausschuss für Wirtschaft und Währung im Europäischen Parlament leitete. Nach Zahlen des Corporate Europe Observatory hatte sich Bowles zwischen 2012 und 2014 zehn Mal mit Mitarbeitern der London Stock Exchange getroffen, darunter vier Mal mit ihrem Chef. Der frühere FDP-Abgeordnete Holger Krahmer arbeitet heute als Direktor für Europäische Angelegenheiten bei Opel. Als Mitglied des Umweltausschusses hatte er sich im Europäischen Parlament zuvor zehn Jahre lang mit der Regulierung der Automobilbranche befasst. Andere Abgeordnete haben gleich eine eigene Lobby-Agentur aufgemacht.

Wie sich der Übergang zwischen Politik und Privatwirtschaft besser regeln lässt, macht nach Einschätzung von Transparency International Kanada vor. Schon vor fast einem Jahrzehnt hat das Land strenge Auflagen eingeführt. Minister, Abgeordnete und hohe Beamte dürfen fünf Jahre lang keinen Job annehmen, bei dem ein Interessenskonflikt entstehen könnte. Die Regeln werden streng überwacht. Seit 2013 wurden 55 Strafen ausgesprochen. Auf EU-Ebene fehlt es dagegen an Mitarbeitern, um die ohnehin laschen Regeln zu überwachen.

Auch in Frankreich geht es bei dem Thema fortschrittlicher zu. Nach einem Skandal um einen Haushaltsminister hat das Land 2014 eine Behörde für Transparenz im öffentlichen Leben geschaffen mit einem jährlichen Budget von sechs Millionen Euro und 40 Mitarbeitern. 14.000 Amtsträger müssen ihre Interessen und finanziellen Verhältnisse an die Behörde berichten. In 23 Fällen wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Ein Staatssekretär musste neun Tage nach der Ernennung zurücktreten, weil er seine Steuererklärung falsch ausgefüllt hatte.

„Es öffnet Tür und Tor für Politikverdruss, wenn Politiker nach ihrem Mandat die schnelle Drehtür in die Wirtschaft nehmen“, sagt der Grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold. Die Grünen hatten eine Karenzzeit für Abgeordnete schon in der Vergangenheit gefordert und wollen das Thema im Europäischen Parlament wieder auf die Agenda bringen.

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